kollektiv polizeiklasse
#BeyondCorona – Heute die Weichen für die Zukunft stellen
Zum Schutz der allgemeinen Gesundheit verzichten wir aktuell auf einige unserer Grundrechte. Mit ihrer Aktion #BeyondCorona will das Kollektiv Polizeiklasse dazu anregen, diese Einschränkungen zu hinterfragen und über einen Weg nach Corona nachzudenken.
Protestaktionen werden ins Internet verlegt, Demonstrationen fallen wegen des Kontaktverbots aus und Künstlerinnen und Künstler können nur noch digital arbeiten: Die Einschränkungen aufgrund des Coronavirus gehen weit über unser Privatleben hinaus. Ein Umstand, den wir als Gesellschaft zu kritiklos betrachten, findet die Münchner Polizeiklasse. Das Künstler*innen-Kollektiv hat sich im Mai 2018 gegründet, um gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz zu kämpfen. Wie damals sehen sie auch jetzt die Demokratie in Gefahr. Aus diesem Grund wollen sie mit ihrer Aktion #BeyondCorona den Diskurs über Freiheitseinschränkungen und Maßnahmen gegen das Virus anregen.
„Sind diese Maßnahmen wirklich verhältnismäßig?“
Gesundheit steht gerade über allem. Seit sich die ganze Welt auf den Kampf gegen das Coronavirus konzentriert scheinen andere Probleme in den Hintergrund zu rücken. Auch das Kollektiv „Polizeiklasse“ erkennt diesen Fokus auf das Virus an, was die Aktivistinnen und Aktivisten aber besorgt: die wenige Diskussion über die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen.
„Wo bei uns die Alarmglocken angesprungen sind war als wir gesehen haben, dass die Bereitschaft der Bevölkerung so groß war, nicht nur die Maßnahmen kritiklos zu akzeptieren, sondern sie auch noch einzufordern. Sozusagen die eigene Verantwortung an den Staat abzugeben.“, sagt Leslie Pikazzo, das gemeinsame Pseudonym der Polizeiklasse
Mit ihrer Social-Media-Aktion #BeyondCorona wollen die Aktivist*innen diesen Diskurs wieder anregen. Gerade jetzt sei es wichtig, Maßnahmen infrage zu stellen und aktiv zu diskutieren, so die Polizeiklasse, denn der demokratische Prozess dürfe nicht zum Erliegen kommen. Für das Kollektiv ist es entscheidend, jetzt aktiv zu werden, um nach der Coronazeit wieder in vollem Maße zu den Grund- und Freiheitsrechten zurückzukehren.
Ein Trend zum Autoritären
Die Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit einzuschränken sorgt bei der Polizeiklasse für große Bedenken, auch wenn diese Maßnahmen in Zeiten von Social Distancing wohl nötig seien. Mit ihren Aktion wollen die Aktivist*innen vor allem darauf aufmerksam machen, dass politische Entscheidungen die heute getroffen werden langfristige Folgen haben könnten oder sogar schon jetzt haben.
„Blickt man zum Beispiel auf Ungarn, wo Viktor Orban und seine Regierungspartei mittlerweile per Dekret ohne demokratische Kontrolle auf unabsehbare Zeit regiert: Man erkennt, dass autoritäre Bewegungen und Politiker die Logik des Ausnahmezustands zu ihren Gunsten ausnutzen und Gesellschaft langfristig autoritärer gestalten wollen.“
Radikale politische Entscheidungen sind zum Schutz vor dem Coronavirus plötzlich möglich. Die Mitglieder der Polizeiklasse befürchten, dass das auch dazu führt, dass diskriminierende Tendenzen, wie zum Beispiel Racial Profiling oder die Diskriminierung von Wohnungslosen, nun ungehindert weiter wachsen können.
„Viele der Maßnahmen sind mit Solidarität begründet, das ist auch gut so. (…) Zugleich ist Solidarität aber nicht unschuldig, sie basiert immer auf einem „Wir“-Verständnis. Aber wer gehört zu diesem „Wir“ und wer wird davon ausgeschlossen?“ , so die Mitglieder der Polizeiklasse
Dieses „Wir“, das in Zeiten von Corona entsteht, würde suggerieren, dass die Regierung unabhängig von Parteizugehörigkeiten, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger handelt. Das sei vorher nicht so gewesen.
Kunst und Kultur sind systemrelevant
Auch die Polizeiklasse selbst ist von all diesen Einschränkungen betroffen. Als Kollektiv leben sie eigentlich von dem Recht auf Versammlung, von Demonstrationen und von Aktionen im öffentlichen Raum, wie viele andere Künstler*innen müssen sie jetzt neue Wege finden. Aufzuhören oder eine Pause zu machen kommt für sie dabei nicht infrage. Sie finden: Kunst und Kultur sind systemrelevant!
„Kunst und Kultur ist in so vielen Fällen vor allem dafür da, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten (…) und das ändert sich auch in Coronazeiten nicht, (…) weil eine gesunde Demokratie Kunst und Kultur zum Leben braucht.“
Auf Instagram veröffentlichen sie deshalb regelmäßig eigene Texte. Darin geht es um Themen wie Macht, den Einfluss der Polizei oder den nationalen Bezug den Solidarität gerade bekommt. In ihren Posts wollen sie zum Nachdenken aufrufen und diskutieren mit ihren Followern.
Neben ihren eigenen Aktion wirken sie auch bei der Plattform United we stream mit. Zusätzlich zu DJ-Sets und Konzerten werden hier auch Gesprächsrunden zu kulturellen Themen gestreamt.
In ihrer eigenen Sendung bei „United we stream“ befassen sich die Aktivistinnen und Aktivisten mit dem Thema „Das Autoritäre und das Potential der Kunst“. Ihre Aktionen und die vielen Diskussionen machen den Mitgliedern der Polizeiklasse Mut, sie wollen weiter für Freiheit und Demokratie kämpfen.
„Die Weichen für die Zukunft werden immer in der Gegenwart gestellt. Wir glauben, dass diese Grundrechte wieder zurückkehren werden, wenn wir uns jetzt darum kümmern (…) und man sich weiter ins Bewusstsein ruft, dass man diese Rechte hat.“ , so die Aktivistinnen und Aktivisten der Polizeiklasse.