M94.5 Filmkritik
Assassin’s Creed
Die Verfilmung des Computerspiels Assassin’s Creed wartet mit einem illustren Staraufgebot auf. Gemessen an der Art der Vorlage ist das 3D-Spektakel um Templer und Assassinen erstaunlich gut gelungen.
“Die Geschichte der Welt ist eine Geschichte voller Gewalt. Die Menschheit scheint entschlossen, sich selbst auszulöschen. Aber es gibt ein Artefakt, bekannt als Apfel von Eden. Mit ihm wird jeder Versuch von Unabhängigkeit oder Rebellion erstickt”, so rechtfertigt Rikkin (Jeremy Irons) in Assassin’s Creed die milliardenteure Suche nach diesem Artefakt. Als Mitglied des Templerordens will er damit die Gewalt für immer aus der Welt schaffen. Ein Versuch, der schon in Huxleys Schöne Neue Welt und in Spielbergs Minority Report nicht gut ausgegangen ist.
Neuer Charakter im bekannten Computerspiel-Universum
Der erzählerische Rahmen des Computerspiels basiert auf einem Jahrhunderte alten Kampf der Templer gegen die Assassinen, die für die Freiheit der Menschen den Apfel von Eden gut versteckt halten. Dieser Widerstreit zwischen Ordnung und Anarchie, zwischen Kontrolle und freiem Willen ergibt eine vergleichsweise gehaltvolle Ausgangssituation für ein Action-Abenteuer.
Zentraler Charakter der Verfilmung ist Callum Lynch (Michael Fassbender), der in den Computerspielen nicht auftaucht. Der verurteilte Mörder wird von den Templern während der Hinrichtung entführt. Mit dem Animus, einer Maschine für genetische Zeitreisen, schicken sie Callum in die Zeit der spanischen Inquisition zurück. Dort war der Apfel von Eden zuletzt aufgetaucht. Callum sieht und durchlebt die Erinnerungen seines Ahnen und die Templer schauen zu.
Herausforderungen für die Darsteller
Assassin’s Creed wartet mit einer Besetzungsliste auf, die auch einem intellektuell anspruchsvollen Autorenfilm zur Ehre gereichen würde: Neben Michael Fassbender und Jeremy Irons sind Marion Cotillard, Charlotte Rampling und Brendan Gleeson in unterschiedlich großen Rollen mit von der Partie. Für Michael Fassbender dürfte der Film vor allem eine physische Herausforderung bedeutet haben: Er darf sich gleich in zwei Erzählsträngen – einmal in der Gegenwart, einmal in der 500 Jahre zurückliegenden Vergangenheit – verausgaben. Das bedeutet: von Hausdächern springen, erstaunlich hohe Fassaden erklimmen, über Klippen stürzen und Pferde in vollem Galopp durch die spanische Spaghetti-Western-Szenerie reiten.
Marion Cotillard gibt gewohnt souverän und überzeugend eine Wissenschaftlerin, die fest an das Gute ihrer Forschung glaubt. Ihre Figur, Sofia Rikkin, liefert den Tiefgang: Es geht um Epigenetik, die genetische Disposition zum Mörder und die ethische Verantwortung der Wissenschaft.
Eine der besseren Game-Verfilmungen
Man braucht die Computerspielreihe von UbiSoft nicht zu kennen, um mit dem Film etwas anfangen zu können. Fans dürften das gezeigte Inventar wiedererkennen, Neulinge können sich einfach so über die üppige Ausstattung freuen. Die Stunts sind teilweise überzogen, bisweilen trotzen Assassinen und Templer ein bisschen zu sehr der Schwerkraft: Man sieht förmlich, wo die Stuntmen an den Stahlseilen hochgezogen wurden. Aber die Action-Szenen sind ordentlich choreographiert und bekommen durch die Überlappung von Mittelalter- und Animus-Einstellungen einen außergewöhnlichen Stil. Wer damit zum Fan konvertiert, darf sich vorsichtig vorfreuen: Das offene Ende lässt einen zweiten Teil nicht völlig unrealistisch erscheinen.
Übrigens: Auch wenn die Vermutung nahe liegt, dass Michael Fassbender als Hauptdarsteller und Produzent einfach nur sein Lieblings-Game verfilmen wollte – laut eigener Aussage hatte er Assassin’s Creed vor den Dreharbeiten nie gespielt.
Assassin’s Creed läuft ab dem 27. Dezember 2016 in den deutschen Kinos.