M94.5 Filmkritik
Aquaman
Wer den Silvesterabend absolut nicht ausstehen kann, der wird auch mit “Aquaman” seine Mühe haben: ein schuppiger Vergleich von zwei Events, die die Welt nicht braucht.
Der Held küsst endlich seine wunderschöne Begleitung, epische Musik, die Kamera umkreist die beiden. Sie trägt ein türkises Paillettenkostüm, er ist ganz in Gold. Im Hintergrund explodieren Wasserwesen wie Raketen in den schillerndsten Farben: Ohne es zu wissen, ist man im ultimativen Silvesterfilm gelandet. Und genauso zäh wie die Stunden vor Mitternacht vergeht leider auch der Kinoabend und die zweieinhalb Stunden des neuen Aquaman.
Aber dabei soll er doch die Krönung der Superheldenfilme werden! Die Menschheit vereinen und mit seinem goldenen Dreizack und den grünen Handschuhen über die Meere herrschen. Am Ende fühlt man sich als Zuschauer aber vielmehr wie nach einem Abend voller billigem Sekt und Käsefondue: Die vielen überladenen Bilder und Actionsequenzen lassen das Publikum mit einem genauso übersättigten und ungesunden Gefühl zurück. Das ist – eben wie das Silvestermenü – meistens „too much“.
All you can eat
Der wirklich sehr bunte Superheldenfilm versucht leider, viel zu viele Sachen gleichzeitig in sein Pfännchen zu werfen, und zeigt dabei eindrucksvoll, was im amerikanischen Film momentan schief läuft. Denn nein, viel hilft leider nicht viel.
Genau wie die „Party des Jahres“ scheinbar immer mit unendlich überhöhten Erwartungen verbunden ist, wird auch Aquaman bereits sehnsüchtig von Massen an Fans erwartet. Natürlich rechnet da niemand mit tief gehender Handlung (zumindest nicht tiefer als bis zum Meeresgrund) oder großen Dialogen, aber wenigstens so ein bisschen Originalität wäre doch nicht verkehrt.
Statt in eine neue, einzigartige Unterwasserwelt zu entführen, schreien die Bilder des Millionenprojekts aber leider nach einer Mischung aus Star Wars unter Wasser gemixt mit Thor, Black Panther und Indiana Jones. Aquaman versucht, einfach alles gleichzeitig zu sein, und behält dabei leider so viel Originalität wie ein toter Fisch.
Viel Farbe, viel Talent, kein Gefühl
Selbst der Hauch an Selbstironie, der bei einem Superhelden in goldenen Glitzerleggins und leuchtend grünen Handschuhen bitter nötig wäre, geht leider irgendwo zwischen austauschbaren Verfolgungsjagden, Dreizackkämpfen und Unterwasserkriegen unter. Und nein, auch die anfänglichen Oberkörper-Close-Ups von Jason Momoa, den wir als Khal Drogo aus Game of Thrones kennen, retten den Film nicht.
In diesem Meer aus Action und Abklatsch wird dem durch die Bank berühmten und talentierten Cast (u.a. mit Nicole Kidman, Amber Heard und Willem Defoe) leider jegliche Luft zum Atmen genommen. Sie gehen einfach unter – genauso wie Humor, Romantik, Spannung. Wie die meisten Silvesterpartys auch ist Aquaman am Ende leider doch kein Feuerwerk der Gefühle, sondern eher ein erzwungen bedeutungsschwangerer Abend, der sich anfühlt, als würde man verzweifelt durch das Fernsehprogramm zappen und zwischen den ganzen alten Superhelden nach etwas Neuem suchen – erfolglos.
“Aquaman” läuft ab 20. Dezember 2018 in den deutschen Kinos.