100 Jahre Jugendgerichtsgesetz
Einhundert Jahre Jugendgerichtsgesetz
Heute vor einhundert Jahren ist das erste ausgearbeitete Strafrecht speziell für Jugendliche entstanden. Das Jugendgerichtsgesetz setzt seitdem auf Erziehung statt Strafe.
Erst Anfang des Jahres war Jugendgewalt wieder deutschlandweit ein Thema. Als in der Silvesternacht in mehreren Großstädten Übergriffe stattfanden, wurde die Forderung nach harter Strafverfolgung der vermehrt jungen Täter:innen laut.
Erziehung statt Strafe
Dabei forderte das Jugendgerichtsgesetz ursprünglich vor allem Milde von den Gerichten. Der Justizminister Gustav Radbruch entwarf das Gesetz, das der Reichstag am 16.02.1923 erließ. Auch das heutige Jugendstrafrecht baut noch darauf auf. Fortan sollten 14 bis 18 Jährige eine eigene Strafverfolgung erfahren. Ausnahmen werden bis 21 Jahren gemacht, sofern die Person in Charakter oder mentalen Entwicklung nicht dem biologischen Alter entspricht.
Anstatt ihnen mit dem Strafmaß von Erwachsenen das Leben zu verbauen, möchte das Jugendgerichtsgesetz den Jugendlichen eine zweite Chance geben. Das Gesetz verwendet dafür keinen eigenen Strafenkatalog und auch die Höhe der Strafen ist nicht festgelegt, wie für Erwachsene.
Individuelle Strafen
Alles ist auf maximale Flexibilität für die Gerichte ausgelegt. Speziell ausgebildete Jugendrichter:innen versuchen die Jugendlichen mit Strafen zu belegen, die Einsicht stiften. Diebstahl im Supermarkt kann so zum Beispiel mit sogenannten “Wiedergutmachungsleistungen” für diesen Supermarkt geahndet werden. Dadurch kann mehr Bezug zur Straftat hergestellt werden. Für Erwachsene sind diese Leistungen nicht vorgesehen.
Darüber hinaus hält das Jugendgerichtsgesetz für schwerere Vergehen auch noch die Jugendstrafe bereit – im Normalfall sechs Monate bis fünf Jahre, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünfzehn Jahren.
Einsicht und Wille zur Wiedergutmachung beeinflussen die Bestrafungen außerdem stärker als das im Erwachsenstrafrecht der Fall ist. Stellen die Richter:innen fest, dass die Jugendlichen ihr Vergehen einsehen, kann das zu erheblicher Strafminderung führen.