Filmfest 2022

CORSAGE

/ / Bild: Filmfest München

Elisabeth von Österreich-Ungarn ist eine der meist-verfilmten historischen Persönlichkeiten: Von romantisierten Verfilmungen (Sissi) bis zu historisch akkuraten Werken. Corsage von Marie Kreutzer ist der Eröffnungsfilm des 39. Filmfest Münchens und zeigt eine persönliche Seite der jungen Kaiserin.

Corsage beginnt nachdem in Elisabeths Leben schon einiges passiert ist. Sie ist 40 Jahre alt, ihr ältester Sohn Rudolf ist bereits erwachsen und ihre zweite Tochter Valerie fängt langsam an, die Taten ihrer Mutter zu hinterfragen. Auch die Ehe mit Franz Joseph ist so ganz anders, als man es aus den Sissi-Verfilmungen von Ernst Marischka kennt. Die Romantik war entweder nie da oder ist bereits flöten gegangen.

DAS KORSETT IMMER FESTER ZIEHEN

Im Zentrum der historischen Verfilmung steht die Essstörung der Kaiserin. Um ihr Korsett immer fester zuziehen zu können, isst sie teilweise nur dünn aufgeschnittene Orangen oder klare Fleischbrühe. Auch den Druck der Gesellschaft spricht der Film an. So wird bei allen öffentlichen Anlässen nur das Wort an Elisabeth gerichtet, um über ihre Figur negative Kommentare abzulassen.

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Trailer zu Corsage

Während Kaiserin Elisabeth sich vor den Augen des Volkes an die Verpflichtungen hält, bricht sie hinter den Kulissen daraus aus. So übt sie das Umkippen oder scherzt über die gesellschaftlichen Ansprüche, die an sie gestellt werden. Gleichzeitig zeigt der Film die Unsicherheiten einer Kaiserin, die nur zu repräsentativen Zwecken existiert und dabei rein auf äußerliche Veränderungen reduziert wird.

MODERNE VERSION ALTMODISCH VERPACKT

Neben Knabenchören, die einen klassischen Jubelgesang auf die Kaiserin singen, ist die filmische Untermalung im Film eher modern. Klare Stimmen singen in melancholischen Liedern, während Elisabeth mit dem Pferd ausreitet oder versucht aus ihrem Käfig auszubrechen, indem sie früh morgens in einem durchsichtigen Oberteil in einen Teich springt. Trotzdem gibt es einige moderne Elemente im Film, die eher unbewusst platziert wirken. So sieht man im mittelalterlich wirkenden Gebäude einen türkisen Wischmopp im Putzeimer oder ein grün-leuchtendes Exit-Schild über einer Tür neben der tanzenden Sisi. Zwar werden die Kostüme und Frisuren sehr akkurat und entgegen heutiger Schönheitsideale historisch korrekt dargestellt. Allerdings reißen diese vermutlich vergessenen Elemente des 21. Jahrhunderts die Zuschauer:innen aus der Geschichtsidylle heraus.

WEIBLICHE VERGÄNGLICHKEIT UND UNTERDRÜCKUNG

Trotzdem zeigt Vicky Krieps in der Rolle der Elisabeth ein überzeugendes Bild der Vergänglichkeit des Lebens. Neben der Sexualität zwischen ihrem Ehemann und ihr thematisiert der Film auch die österreichische Kontrolle der Stadt Sarajewo. Da er allerdings Elisabeth begleitet, bekommen die Zuschauenden von den politischen Details genauso wenig mit, wie die Kaiserin selbst, die aus inhaltlichen politischen Fragen komplett rausgehalten wird. Hier zeigt der Film immer wieder eine subtile feministische Seite. Insgesamt ist Corsage keine Neuerfindung der Geschichte der jungen Kaiserin. Wer an ihrem Leben interessiert ist, findet bei dem Film aber sicherlich Freude.

Corsage läuft beim Filmfest München noch am 01.07. um 20:15 im Astor Arri Kino in der Reihe Wettbewerb CineMasters.