Kommentar
Das Recht auf Abtreibung
Das oberste US-Gericht erwägt, das Recht auf Abtreibung zu kippen. Demnach würden in einigen Bundesstaaten Abtreibungen zwar legal bleiben, aber es wird erwartet, dass die Hälfte aller Bundesstaaten unverzüglich umfassende Verbote verhängen könnten. Nina Wieking findet, dass dadurch nicht nur Frauen entmündigt werden, sondern ein Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern neu zutage tritt – ein Kommentar.
Es ein Ur-Kampf der Feminist:innen – das Recht auf Abtreibung. Dass jede Frau selbst entscheiden kann, was richtig für sie ist, für ihre Gesundheit, für ihr Leben, für ihre Familie. Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten, entmündigt Frauen und zeigt, dass ihr eigener Wille nicht zählt. Es unterstellt den betroffenen Frauen, dass jemand anderes besser wisse, was gut und richtig ist für eine mündige Frau, was sie aushalten kann, was sie auszuhalten hat.
Ungleiche Machtverhältnisse!
Der Frau wird das Recht auf Autonomie abgesprochen, und das meist von Männern. Denn vor allem Männer entscheiden über solche Gesetze. Im US-Supreme Court sind von 9 Richter:innen genau 3 Frauen. Und auch im derzeitigen Deutschen Bundestag beträgt der Frauenanteil nur 31 Prozent. So reiht sich das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in ein größeres Bild – die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen. Die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche führt dabei weltweit zurück in eine Zeit, die längst überholt schien. Eine neue Generation Frauen wird wieder dazu gezwungen, auf die Straße zu gehen und für ihre Rechte einzustehen und zu kämpfen.
Nicht nur ein Problem in den USA
Doch wir müssen gar nicht so weit über den Atlantik schauen. Auch hier in Europa, beispielsweise in Polen, aber auch in Deutschland werden Schwangerschaftsabbrüche tabuisiert und kriminalisiert. Ja, in Deutschland stehen sie nicht mehr unter Strafe – und dennoch im Strafgesetzbuch. Dieses Konstrukt einer straffreien Straftat kriminalisiert Frauen, die selbst über ihren Körper entscheiden, und hat deswegen nichts im Strafgesetzbuch zu suchen!
Und auch die Durchführung stellt Frauen in Deutschland vor enorme Schwierigkeiten. Im bundesweiten Vergleich gibt es in Bayern die wenigsten Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. 48 Mediziner:innen in Bayern kümmern sich im Jahr um rund 11.500 Abbrüche, zwei Drittel davon in München. Durch Paragraf 219a (“Werbeverbot”) werden Frauen, die aus verschiedenen Gründen eine Schwangerschaft abbrechen wollen, häufig mit unzureichenden Informationen alleingelassen. Denn für keine Frau ist eine Abtreibung einfach. Zu dem Stress, eine Ärztin oder einen Arzt zu finden, kommen oft noch eine stundenlange Fahrt, eine zusätzliche psychische und physische Belastung hinzu.
§219a abschaffen!
Eine restriktive Gesetzeslage führt keinesfalls dazu, dass Frauen nicht abtreiben. Die Abbruchrate in Ländern mit sehr strengen Gesetzen ist nicht niedriger als in Ländern mit liberaler Gesetzgebung. Die Frauen gehen stattdessen ins Ausland oder treiben illegal ab. Restriktive Gesetze verhindern nur sichere Abbrüche und bringen Frauen und Mädchen in unnötige Gefahr. Denn jedes Jahr sterben weltweit rund 39.000 Frauen und Mädchen an unsicheren Abtreibungsmethoden.
Frauen unterstützen!
Um Abbruchraten zu verringern, müssen nicht Schwangerschaftsabbrüche verboten und fundamentale Rechte eingeschränkt, sondern ungewollte Schwangerschaften verhindert werden. Dafür muss mehr Geld in Bildung investiert werden und in Initiativen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen. Und wenn eine Frau doch ungewollt schwanger wird, egal unter welchen Umständen, muss sie das Recht haben, selbst darüber zu entscheiden!