Kritik von Verbänden
“Taubstumm”? Nein, gehörlos!
Als gehörlos gilt, wer ohne Gehör oder nur mit einem Teil davon geboren wurde, oder sein Gehör vor dem Erlernen des Sprechens verloren hat. In der Öffentlichkeit werden Gehörlose deshalb oft als “taubstumm” bezeichnet. Diesen Ausdruck empfinden jedoch viele Gehörlose als abwertend und diskriminierend.
Der Ausdruck “taubstumm”
Der Ausdruck “taubstumm” gilt immer noch als Wort für Gehörlose. Doch die Kritik daran wächst. Der Gehörlosenverband München und Umland, kurz GMU, nennt gleich mehrere Aspekte, warum das Wort “taubstumm” problematisch ist.
Der etymologische Hintergrund
Etymologisch lässt sich “stumm” vom Wort “dumm” ableiten. Es ist aber eindeutig nachgewiesen, dass zwischen Gehörlosigkeit und den intellektuellen Fähigkeiten keinerlei Zusammenhang besteht.
Gehörlose sind nicht stumm
Gehörlose sind nicht wirklich stumm, denn sie kommunizieren hauptsächlich über Gebärden. Außerdem können manche Gehörlose durchaus sprechen. Sie können nur eben nicht hören, was sie selbst oder andere Menschen sagen. Alle Gehörlosen also einfach als “stumm” zu bezeichnen, ist faktisch gesehen falsch.
Gehörlosigkeit ist keine Behinderung
Der laut GMU wichtigste Grund, das Wort “taubstumm” durch “gehörlos” zu ersetzen, ist, dass sich die Betroffenen selbst als gehörlos bezeichnen und auch von anderen so genannt werden möchten. Ein fehlendes Gehör wird seitens der Betroffenen nämlich nicht als Behinderung angesehen, sondern allenfalls als sprachliche Minderheit. Unter den Gehörlosen erzeugt das ein starkes Gemeinschaftsgefühl.
Vielfältig und eigenständig – die Gebärdensprache
Die Verständigung zwischen Gehörlosen erfolgt größtenteils über die Gebärdensprache. Genauso wie bei Hörenden können sich aber auch hier nicht einfach so alle verstehen. Wie in anderen Sprachen auch gibt es bei den Gebärdensprachen mehrere Varianten – nämlich rund 200 verschiedene weltweit. Dazu kommen noch unterschiedliche Dialekte. Eine universell geltende Weltgebärdensprache gibt es also nicht.
Späte Anerkennung
In Deutschland leben ca. 80.000 gehörlose Menschen. Im Alltag integriert sind diese bisher aber nur teilweise. Erst seit 20 Jahren ist die Gebärdensprache in Deutschland als eigenständige Sprache anerkannt. Seitdem haben Gehörlose zum Beispiel das Recht auf Dolmetscher:innen vor Gericht. Hinsichtlich der Kommunikation mit Hörenden gibt es immer noch Barrieren und Berührungsängste.
Tipps für mehr Inklusion von Gehörlosen
Zu allererst: Immer wichtig ist es, mit Gehörlosen Blickkontankt zu halten. Hinzu kommt eine ausdrucksstarke Gestik und Mimik. Außerdem hilft es, langsam und deutlich zu sprechen – aber nicht zu laut. Der beste Weg für eine gelungene Inklusion von Gehörlosen ist aber wohl, die deutsche Gebärdensprache zu lernen. In München gibt es zahlreiche Angebote, die Gebärdensprache selbst zu lernen oder sich darüber zu informieren, beispielsweise die Gebärdensprachschule des GMU.