M94.5 Kulturkritik
Die Tage, die ich mit Gott verbrachte
Gott ist weiblich und sie ist nicht glücklich über ihr bekanntestes Werk. Die Menschheit bringt sie nicht nur zum verzweifeln, sondern lässt sie auch an sich selbst zweifeln. Der Roman “Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ von Axel Hacke wurde im Metropoltheater erstmals für eine Bühne inszeniert.
Das Metropoltheater ist ein kleines Wunder im Norden Münchens. Regelmäßig werden dort mit kleinstem Budget bezaubernde Vorstellungen auf der Bühne inszeniert, was an ein wenig Magie hinter den Kulissen glauben lässt. Besonders magisch ist auch die neuste Inszenierung „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Gespielt wird nicht im Saal sondern im Metropol Café, mit seiner runden Glasfassade und den alten Holztischen. Als Bühne dient ein Podium, das zwischen den Stühlen platziert ist. Darauf stehen Dieter Fischer als Axel Hackes Alter Ego und Judith Toth als Gott. Ja, Gott ist hier eine Frau und die Tatsache, dass das noch immer erstaunen hervorruft , zeigt wie wichtig die Besetzung ist. Judith Toth turnt herum, ist frech und wehmütig und das alles mit Baskenmütze, weiter Hose und gelben Socken. Beide DarstellerInnen wirken nicht nur aufgrund ihres direkten Kontakts zum Publikum unglaublich nahbar, sondern sind auch einfach grundsympathisch.
Kreative Verflechtung von Theater und Alltag
Die Grenze zwischen Realität und Spiel wird geschickt vermischt. Die Welt außerhalb des Metropols wird zur erweiterten Spielfläche und so ist sowohl eine Videoprojektion auf der Hauswand gegenüber, ein vorbeischwebender leuchtend-bunter Schmetterling und ein heruntersausender Globus Teil des liebevoll inszenierten Gesamtkunstwerks. Die Regie von Thomas Flach ist ein echtes Feuerwerk an kreativen Regieeinfällen und wird der nachdenklichen Alltagspoesie von Hackes Romanvorlage mehr als gerecht. Da können die ZuschauerInnen schon fälschlich annehmen, dass der vorbeilaufende Herr mit den Skiern unter dem Arm kein normaler Passant auf dem Weg ins Skiwochenende ist, sondern auch zum Stück gehört. Die Trennlinie, die Theater und Alltag normalerweise voneinander abgrenzt, ist hier aufgehoben. Es setzt ein allgemeines Staunen ein, wie es sonst nur Kindern vorbehalten ist, wenn sie Dinge zum allerersten Mal erleben.
Magie gegen Existenzängste
Ein Abend, der mit Hilfe von allerlei Zaubertricks göttlicher Hand, die großen existentiellen Fragen unserer Zeit aufgreift. Ein wenig Kritik an der Gleichgültigkeit der Menschheit gegenüber den großen Katastrophen des 21. Jahrhunderts, gemischt mit ganz individuellen und doch universellen Ängsten vor Tod und Einsamkeit-, das ist „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“. Ein unbedingt zu empfehlendes, absurdes, melancholisches, nachdenkliches und sehr, sehr amüsantes Stück.