M94.5 ALBENREVIEW

Moses Sumney – Live From Blackalachia

/ / Bild: TUNTUM

Mit einem etwas anderen Album Release belebt der Allround-Künstler Moses Sumney seine Songs aus den letzten vier Jahren wieder. “Blackalachia” ist ein eindrucksvolles Gesamtkunstwerk, dass eine gelegene Flucht aus der dunklen Winterzeit bereitet.

DIE MUSIK ZUM FILM-DEBÜT

Moses Sumney ist nicht nur Sänger. Er ist auch nicht nur Produzent, oder nur Stylist. Er ist ein Konzeptkünstler, bei dem es ein Fehler ist, nur auf seine Musik zu achten. Mit seinem Händchen für Klang, Ästhetik und Poesie ist jedes Schaffen von Sumney ein multidimensionales Erleben. Seine Performances und Musikvideos, wie zum Beispiel die Colors Show oder das Video zu “Virile“, sind Gesamtkunstwerke. Dass er eben nicht nur Musiker, sondern auch Regisseur ist, zeigt sein Debüt-Filmprojekt “Blackalachia” mit dem dazugehörigen Album: “Live From Blackalachia”.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Das Filmprojekt “Blackalachia” in voller Länge

“THE TREES AS OUR AUDIENCE”

“Blackalachia” ist in erster Linie eine stilistierte Verfilmung eines Live-Sets – dabei bildet aber nicht eine Menschenmenge das Publikum, sondern die Wiesen und Wälder bei den “Blue Ridge Mountians” in North Carolina. Sumney selbst sagt in der Ankündigung des Projekts, dass er die Natur in unser Leben re-integrieren möchte. So ist sie also nicht nur Publikum, sondern auch Teil des Ensembles:

“Over the course of two days, we filmed 14 songs, totally live, the trees as our audience, the grasshoppers our background singers”

Moses Summney über “Blackalachia”

Dabei lauschen die Bäume und Wiesen Sumney, der mit seiner besonders weiten vocal range und Variationen, die sich zwischen Operngesang und Beat-Boxing Competition bewegen. Dazu spielt seine Band voll ausgestattet mit Drums, Saxophon, Posaune, Geige, Gitarre und Bass. Das Paradoxon von Sumneys Inszenierung ist, wie wenig paradox es scheint, seine manchmal schrille Stimme und die orchestralen, manchmal auch distorted Klänge seiner Band in ruhiger Natur zu hören. Wie durch Magie fügt sich die Musik in die Natur mit ein.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Moses Sumneys – A COLORS SHOW

FLUG UND ESKAPISMUS

Der Film beginnt mit Closeup-Aufnahmen von Wäldern. Dazu ist der Klang eines Orchesters beim Stimmen zu hören – und Sumney erscheint dazu in einem schwarzen, rüschigen Umhang und Sonnenbrille über die Felder rennend. Derselbe Umhang lässt ihn wenig später wie ein Adler aussehen, der kurz davor ist abzuheben und über die Bäume zu gleiten. Es ist genau dieses Empfinden, dass Sumney auf die Zuschauer:in überträgt – “Blackalachia” ist zu einem hohen Maß immersiv und eskapistisch. Im richtigen Moment gibt es einem das Gefühl fliegen zu können.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Offizielles Musikvideo zum Song “Quarrel”

ÜBER GRÜNEN WIESEN ZU BLUTROTEN WOLKEN

In “Blackalachia” performed Sumney Songs aus seinen letzten zwei Alben Aromanticism (2017) und grae (2020). Das enttäuscht die Hoffnung auf neue Tracks von ihm. Doch vielleicht geht es hier eben nicht darum, Neues zu produzieren, sondern Altes neu zu erleben. Die Zusammenstellung der Songs sind eine Art “Best-of Moses Sumney”, und auch als solche zu genießen. Von den dynamischen, gospel-inspirierten Tracks “Virile” oder “Cut Me” zu seinen Balladen wie “In Bloom (in the woods)”, fügen sie sich auch in der Neuaufstellung gut aneinander, was an der Konsistenz in Sumneys Musik liegt. Dazu gibt er ihnen eine neue Visualisierung mit, die vor Allem farblich intensiv ist. “Blackalachia” fühlt sich nach einer utopischen Reise in die Welt von Sumney an, und schafft es dabei nicht kitschig oder selbstdarstellerisch zu sein.

LUST AUF NEUES

“Blackalachia” ist ein eindrucksvolles Gesamtkunstwerk. Es ist aber auch eines, für das man den Moment Ruhe braucht, um sich darauf einzulassen. Die Hoffnung auf wirklich neue Musik von Sumney wird hiermit aber enttäuscht. Auch wenn das Album eine visuell einzigartige Wiederbelebung seiner bisher besten Songs ist, ist es auch an der Zeit, das musikalische Rezept neu zu gestalten.

“Live From Blackalachia” ist am 10. Dezember über TUNTUM erschienen.