M94.5 ALBENREVIEW

The Armed – ULTRAPOP

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Mit ihrem dritten Album schaffen es The Armed erneut gegen die Welt der harten Musik zu rebellieren und ihr im selben Moment den größten Liebesbeweis zu machen.

Viel zu enge Bars, betrunkenes Rumgegröhle und schlechte AC/DC-Cover, die zum fremdschämen einladen. Das klassische Bild einer Open Mic Night. The Armed nutzt solche Abende, um ein ganzes Liveset zu spielen – komplett ohne dass das Publikum vorher weiß, dass eine der interessantesten Hardcore Bands der letzten Jahre vor ihnen auftritt. Nur einer von vielen verqueren Publicitystunts der Band. Ihrerseits ein Punk- bzw. Hardcorekollektiv aus Detroit, sind sie Fans hauptsächlich für ihre wundersame Art, mehr Performancekünstler als Band zu sein, bekannt.

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Das Musikvideo zu “AVERAGE DEATH” fasst die Ästhetik des Albums gut zusammen

Punk als Performancekunst

Ein großer Teil ihrer Eigenheit lag darin, dass die Mitglieder der Band immer ein großes Geheimnis waren. Eine der amüsanteren Fantheorien sah den professionellen Skater Tony Hawk als Frontmann der Band. Seit diesem Jahr haben The Armed jedoch ein bestätigtes Lineup von acht Personen. Unter anderem METZ-Gitarrist Chris Slorach. Bis dahin war über die Band nichts bekannt außer, dass der legendäre Produzent und Converge-Gitarrist Kurt Ballou der Marionettenspieler hinter dem Projekt ist. Sein Einfluss erklärt auch ein paar der erstaunlichen Kollaborationen der Band. Unter Anderem haben sie auf dem Song „FT. FRANK TURNER“ nie veröffentlichte Gesangsdemos des Folk-Punk Sängers Frank Turner genutzt, ohne dass dieser davon wusste.

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Nicht auf dem aktuellen Album: “FT. FRANK TURNER” von The Armed

Aufgenommen wurden diese Demos in Kurt Ballous Studio „God City Music“. Noch klarer wird die Verbindung zu Ballou als Ballous Bandkollege und Drummer Ben Koller einen Teil zu Ultrapop beiträgt, obwohl dieser denkt er spielt für einen neuen Track seiner eigenen Band. Die Erklärung: Ballou fragt Koller nach einem Part für das neue Converge-Album, nutzt diesen jedoch ungefragt für The Armed. Wie viele der 19 mitwirkenden Künstler auf dem neuen Album davon wussten an Ultrapop mitgearbeitet zu haben werden wir so schnell wohl nicht wissen.

Ultrapop – das neue Motto

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“ALL FUTURES” in einer Live-Version

Pop ist ein wichtiger Teil des neuen Albums. Das wird schon in der Vorbereitung zum Release klar. Die Promobilder und das Albumcover teilen eine Ästhetik mit Fashion Photoshoots oder Teaserbilder von Streamingdienst-Playlists. In Interviews geht es um die Stagnation der harten Musik – und wie Technologie die Musik bis zu einem Punkt demokratisiert, an dem jede Art von Musik nur noch Pop genannt werden kann. Harte Musik ist also “Ultrapop”. Und schon auf dem ersten, gleichnamigen Song wird klar, wie dieser klingen soll. The Armed vermischen auf ihrem neuen Album ungefähr so viele Genres wie sie Bandmitglieder haben. Von Punk, Screamo und Hardcore, über Post-Punk und Industrial, bis zu Synth-Pop. Einen Aspekt teilt jedoch jeder Song. Egal ob tanzbare, fast hymnenartige Riffs auf “ALL FUTURES”, harte Screams auf “MASUNAGA VAPORS” und “FAITH IN MEDICATION”, oder eindringlicher Gesang auf dem letzten Song “THE MUSIC BECOMES A SKULL”. Jeder der zwölf Tracks teilt den Aufbau und die Einprägsamkeit eines Pop-Songs.

Pop-Songs mit Fiebertraum-Ästhetik

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Das Musikvideo zu “AN ITERATION”

So sehr das Songwriting jedoch an Pop erinnert, kein Song auf Ultrapop läuft wirklich Gefahr in den Charts gespielt zu werden. Das ganze Album ist belegt mit dicken Schichten an Reverb, Distortion und schrillen Synth-Effekten. Die Instrumente sind durch die Bank hart und schnell und der Gesang ist oft mehr geschrien als gesungen. Ultrapop ist fast anstrengend anzuhören. Teilweise fühlt es sich an wie die Ton-gewordene Version, komplett verwirrt auf einem Metalfestival aus dem Koma aufgeweckt zu werden. Dabei spielen The Armed die verrückten Wissenschaftler, die den Versuch durchführen und schauen wie ihre Proband:innen reagieren. Genauso wie ein böser Fiebertraum bleibt dafür auch jeder Song im Kopf.

Dichte Wände an Sound – trotzdem Playlist-ready

Ultrapop ist die Antwort, die The Armed auf die Stagnation der harten Musik haben und sie schaffen es dabei eine der kreativsten Liebesbeweise an genau diese zu schaffen. Das Album grenzt mehr an eine Kunstperformance als an Musik und überwältigt mit flutwellenartigem, dichten Sound. Genauso kreieren The Armed aber auch Songs, die sich einprägen, zum Mitsingen anregen und auf vielen Playlists gut aufgehoben sind. Ultrapop eben!

Ultrapop von The Armed ist am 16.04.2021 über Sargent House erschienen.