Howard (Ryan O'Neal) wehrt sich gegen die Avancen von Judy (Barbra Streisand)

Filmklassiker der Woche

Is’ was, Doc?

/ / Howard wehrt sich gegen die Avancen von Judy, Bild: Screenshot/Warner Brothers

Schlangen haben Todesangst vor Fliesen. Designerlampen sind nützliche Accessoires in Schlägereien. Und VW Käfer schwimmen – zumindest 1972 im Hafen von San Francisco. All das lässt sich aus Is’ was, Doc? lernen. Mit der Hommage an die Screwball-Komödien der 1930er und 1940er Jahre beweist Peter Bogdanovich, dass totgeglaubte Genres eine Wiederbelebung verdient haben können.

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Howard (Ryan O’Neal) trifft Judy (Barbra Streisand) in der Drogerie

Wenn ein Kritiker die Seiten wechselt und selbst Filme dreht, geht das nicht immer gut. Anders bei Peter Bogdanovich: Nachdem der gelernte Schauspieler jahrelang als Filmkritiker und Ausstellungsleiter für die Filmabteilung am Museum of Modern Art in New York gearbeitet hat, wechselt er auf den Regiestuhl. Schon sein erster großer Film ist ein Meisterwerk. Die letzte Vorstellung – The Last Picture Show gewinnt mehrere Oscars. Und das, obwohl er ihn auf Anraten seines Freundes und Mentors Orson Welles in altmodischem Schwarzweiß gedreht hat. Dafür geht es im nächsten Versuch umso bunter zu: Is’ was, Doc? glänzt mit gewitzten Dialogen, Wort- und Tortenschlachten. Und einer absurden Verfolgungsjagd über die Hügel – und Treppen – San Franciscos.

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Verfolgungsjagd durch San Francisco

Perfekt choreographiertes Chaos

Die Verwechslungskomödie ist ein Hütchenspiel in Filmform: Vier identische Reisetaschen in rotem Tartanmuster mit sehr unterschiedlichen Inhalten bilden die Grundlage der Story und den Ausgangspunkt eines großen Durcheinanders. Statt geheimer Regierungsdokumente taucht die Wechselwäsche von Barbra Streisands Charakter Judy auf. Statt seiner wissenschaftlichen Materialien hat ein Musikprofessor plötzlich Diamanten in der Hand. Anderthalb Stunden lang jagen die Figuren – exzellent choreographiert – ihren Taschen hinterher und hinterlassen eine Spur der Verwüstung.

Barbra Streisand in ihrer vielleicht charmantesten Rolle

Is’ was, Doc? lässt sich – anders als viele seiner Zeitgenossen voller zotiger Herrenwitze – auch fast fünfzig Jahre nach den Dreharbeiten noch anschauen, ohne dass man sich peinlich berührt fühlen müsste. Das liegt vor allem daran, dass Barbra Streisand die Führung übernehmen darf – und selten hat sie das charmanter getan: Ihre selbstbewusste, schlagfertige Judy sorgt für Nervenzusammenbrüche, ein ausgebranntes Hotelzimmer und im Meer versenkte Autos. Mit ihrem irritierend breit gefächerten Spezialwissen (das sie während diverser angefangener Studiengänge angesammelt hat) redet sie sämtliche Akademiker in Grund und Boden. Und gewinnt nebenbei das Herz des scheuen, etwas weltfremden Howard.

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Howard findet Judy in seiner Badewanne

Is’ was, Doc? spart nicht mit Querverweisen auf die Filmgeschichte: Von Casablanca über Bullit bis zu einem ironischen Seitenhieb auf den größten Hit von Hauptdarsteller Ryan O’Neil, Love Story, können Filmfans Referenzen entdecken. Die offensichtlichste Verneigung aber macht Bogdanovich vor einer Ikone der Screwball-Comedy: Leoparden küsst man nicht. Das Konzept eines ungelenken Wissenschaftlers und einer furchtlosen Protagonistin hat er von Howard Hawkes’ Film mit Katharine Hepburn und Cary Grant übernommen. Das Skript, das Bogdanovich zusammen mit seinen Co-Autoren in nur wenigen Monaten geschrieben hat, begegnet seinem großen Vorbild auf Augenhöhe und kann sich bis heute sehen lassen.

Is’ was, Doc? ist über Sky Ticket und Sky Go im Stream abrufbar. Wer mehr über Peter Bogdanovich wissen möchte, dem sei der hörenswerte Podcast The Plot Thickens ans Herz gelegt, in dem der Regisseur seine dramatische Lebensgeschichte erzählt.