Filmklassiker der Woche
Taxi Driver
Eine Großstadt gezeichnet von Gewalt, Schmutz und Verbrechen. Ein Einzelgänger und Verlierer, der sich am Ende nur noch mit Gewalt zu helfen weiß und zu einer Heldenfigur wird. Das ist nicht nur der Plot von Joker, sondern auch der von Martin Scorseses Taxi Driver. Filmnerds wissen bereits: Für Joker waren die frühen Filme Scorseses ein Vorbild. Doch gerade Taxi Driver sticht aus diesen heraus.
Martin Scorsese zeigt New York von seiner schmutzigsten Seite. Die Stadt wird in Blau- und Rottönen dargestellt, all das immer wieder durch Fenster und Spiegel eines fahrenden Taxis. Untermalt wird das Ganze vom unglaublich atmosphärischen Jazzsoundtrack von Bernard Herrmann. Diese Mischung aus Licht und Musik entfaltet eine unglaubliche Sogwirkung und lässt den Zuschauer nicht mehr los. Man wird wirklich in den Moloch des New Yorks der 70er Jahre zurückgezogen. Neben Musik und Kamera ist es aber vor allem die schauspielerische Leistung Robert de Niros als Travis Bickle, die die Zuschauer in seinen Bann zieht.
Der Vietnamkriegsveteran Travis Bickle ist Taxifahrer in New York. Gezeichnet vom Krieg leidet er an Schlaflosigkeit und arbeitet deshalb die ganze Nacht. In New York fährt er überall hin, in die schmuddeligsten Ecken, in die gefährlichsten Viertel. Doch die Stadt und ihre Bewohner widern ihn an. Er fühlt sich alleingelassen, ist einsam, depressiv. Politisch ist er komplett desinteressiert, jedoch fordert er immer wieder in vagen Floskeln, dass man etwas gegen den „Abschaum“ in der Stadt tun müssen, dass man „diese Stadt ausmisten“ solle.
Travis und die Frauen
Travis ist in Liebesfragen absolut unbeholfen. Erst verliebt er sich in Betsy, die als Wahlkampfhelferin für den Präsidentschaftskandidaten Palatine arbeitet. Zum Date führt er sie in ein Pornokino aus und kann einfach nicht verstehen, warum das nicht gut ankommt. Später versucht er die minderjährige Zwangsprostituirte Iris zu retten. Die will sich jedoch nicht von Travis retten lassen. Durch diese Ereignisse radikalisiert sich Travis. Er kauft sich eine Waffe, beginnt mit ihr zu trainieren, baut sich Kampfausrüstung und zieht immer wieder die Waffe vor dem Spiegel. Er bezeichnet sich als ein „Mann der sich nicht alles gefallen lässt“ und beschließt nun selbst mit dem „Abschaum“ aufzuräumen.
Seine eigenen Fehler kann sich Travis nicht eingestehen. Für ihn ist es Betsy, die „kalt und herzlos wie die anderen war“, für ihn ist es immer wieder der „Abschaum“, der schuld an seiner Situation ist. Travis verfasst eine Art Manifest, indem er täglich seine sich steigernden Wahnphantasien in einem Tagebuch festhält. In seiner Logik gibt es scheinbar nur noch einen Ausweg, nämlich bei einem Attentat selbst als Held zu sterben.
Leider immer noch aktuell
Das alles weist erschreckende Ähnlichkeiten zu Amokläufen auf, die sich gerade in USA mit trauriger Regelmäßigkeit ereignen. Die Täter fühlen sich wie Travis einerseits als Verlierer, andererseits als Helden. Auch bei ihnen zeigt sich eine Mischung aus Größen- und Verfolgungswahn. Taxi Driver ist nicht zuletzt deshalb umstritten, weil er dem Zuschauer nicht aufzwingt, wie er über Travis denken soll und weil es für Gewalttäter möglich ist, in ihm ein Vorbild zu sehen.
Doch bei genaueren Hinsehen entpuppt sich Travis nicht als tragische Heldengestalt, sondern als zu betrauernder Verlierer. Das traurige an Travis ist, dass er eigentlich von Selbsthass angetrieben wird, es selbst jedoch nicht merkt. Während er vor dem Spiegel steht, seine markanten, fast größenwahnsinnigen Sprüche ablässt und sich mit seiner Waffe in der Hand mächtig fühlt, richtet er gleichzeitig auch immer die Waffe auf sich selbst. Und ja – er richtet sie auch immer auf uns.
Taxi Driver gibt es auf Sky zum streamen.