Angezockt
The Tower II: VR mit 80s-SciFi-Vibe
Nach ihrem ersten VR-Erfolg, The Tower, legt das Münchner Entwicklerstudio Headroom.one nun einen zweiten Teil nach. Das Bewegungskonzept bleibt gleich, aber aus dem Parkour-Game mit Fantasy-Setting wird nun eine VR-Hommage an das Action-Kino der 80er. Aber funktioniert dieser Wechsel auch? Wir haben das Spiel mal für euch angezockt.
Die eigenen vier Wände können auf Dauer sehr eng werden. Das bemerken wir in letzter Zeit doch sehr schnell. Um den Corona-Lagerkoller zu überwinden hilft oft schon ein bisschen Bewegung, eine schöne Dosis Eskapismus und das Gefühl von Weite. All das liefert das neue VR-Arcade-Spiel vom Münchner Entwicklerstudio Headroom.one mit The Tower II und legt einen schönen Batzen Scifi-Nostalgie drauf.
Das Bewegungskonzept bleibt gleich wie im ersten Teil. Hierbei steht der Spieler auf einem virtuellen Fließband und wird durch die Welt gefahren, kann sich aber auf diesem Band frei bewegen, um zum Beispiel Hindernissen oder Gefahren auszuweichen. Der Clou dabei: Auf diese Weise können wir unsin der Spielewelt relativ frei bewegen, ohne Risiko tragen zu müssen, vor lauter Motion Sickness der Übelkeit zu verfallen.
Back to 80s-Action
Während Teil Eins uns noch ein Fantasy-Setting mit leichtem Super-Mario-Flair präsentierte, wechselt The Tower II das Genre. In puncto Story versucht es uns das Sci-Fi-Action-Kino der 80er wieder zurückzubringen – nicht auf die Leinwand, sondern eben in die VR-Sphäre. Und darauf stimmt schon der Title-Screen am Anfang ein. Wir sind in der Zukunft – zumindest laut 80er-Filmlogik. Denn in dem Spiel haben wir das Jahr 2013. Das erinnert dann schnell an 2001: Odyssee im Weltall oder an 2019, das Jahr in dem Bladerunner spielt. Einer von vielen netten Side-Gags im Spiel.
Aber back to topic: In der Zukunft, in die uns das Spiel wirft, tobt ein Krieg zwischen den Maschinen und der Menschheit. Und offenbar gibt es, ähnlich wie damals schon bei Terminator, schlechte Erfolgsaussichten für Letztere. Deswegen versuchen die letzten Überlebenden per Shuttle vom Planeten zu flüchten. Auch wir müssen uns unseren Weg durch, das mit Fallen und Gefahren gespickte, Delta City bahnen, um das Shuttle rechtzeitig zu erreichen. Dazu müssen wir zur Spitze des höchsten Gebäudes der Stadt, dem Tower. Das mag jetzt nicht der komplexeste Plot sein, dennoch ist das wohl fast genretypisch und mehr ist in diesem Fall auch fast nicht nötig, um das Gameplay in Fahrt zu bringen.
Auf dem Weg erwarten uns auch zahlreiche Easter Eggs. Denn Delta City ist nur so gespickt mit Anspielungen zu Blade Runner, Running Man, Escape from New York, Matrix und auch anderen SciFi-Perlen.
Per Fließband durch die Dystopie
Gameplayseitig wirkt das Bewegungskonzept noch einmal einen Ticken runder als im Vorgänger. Das Fließband trägt uns durch die düsteren dystopischen Straßen von Delta City und bindet sich dabei fast nahtlos in das Level-Setting ein. Ein Highlight ist in diesem Punkt schon der Anfangsabschnitt des Games. Hier weichen wir durch das Hin- und Herwechseln zwischen verschiedenen Spuren entgegenkommenden Zügen aus. Das sorgt dafür, dass wir den Fakt, dass hier eigentlich ein Fließband durch die komplette Stadt geht, nicht allzu sehr hinterfragen und die Immersion soweit intakt bleibt.
Auch der Look und Soundtrack hilft dabei. So lässt die düstere und heruntergekommene Zukunftsstadt mit seinen zahlreichen Akzenten und Neon-Reklamen bei Cyberpunk-Fans keinen Wunsch offen. Der Synth-Wave Soundtrack untermalt dabei die Stimmung und zieht uns noch weiter ins Spielgeschehen.
Natürlich kommen wir aber trotz Fließband nicht ungehindert an unserem Zielort an. Auf dem Weg sind vor allem Bewegung und die eine oder andere Verrenkung nötig. Denn regelmäßig kommen uns Hindernisse näher, als uns das vielleicht lieb ist. Wer da regungslos stehen bleibt endet oft mit seinem Gesicht in einer Backsteinwand.
Kreissägen-Roboter, Seilbahnen und Drohnen
Auch Gegner machen uns auf dem Weg das Leben schwer. In vielen Abschnitten des Spiels überraschen uns zum Beispiel die sogenannten Mini-Hunter-Killer. Das sind kleine Roboter mit einem fest montierten Kreissägenmodul, die in Kamikazemanier auf uns zuflitzen.
Wir sind aber nicht wehrlos, denn das Spiel gibt uns für diese Abschnitte bis zu zwei Pistolen an die Hand, mit denen wir die Roboterwellen aufhalten können, bevor sie uns erreichen. Dabei kommt dann, zusammen mit dem Setting, tatsächlich ein richtiges BladeRunner- Feeling auf. Spannend konzipiert ist in the Tower II auch der Bossgegner. Hier sei aber aus Spoilergründen nicht zu viel verraten.
Andere Elemente machen das Gameplay ebenfalls abwechslungsreicher. So hängen wir beispielsweise in manchen Abschnitten an Drohnen und erkunden die Stadt von oben, rutschen in rasanter Geschwindigkeit durch den einen oder anderen Kanal, gelangen über Seilbahnen auf andere Hausdächer oder lassen uns per Jumppad direkt in die Luft katapultieren. Das lässt die Hauptkampagne trotz knapper 60 Minuten Spielzeit nie langweilig werden.
Die Virtual Parkour League
Neben der Hauptstory gibt es in dem Spiel auch einen zweiten Spielmodus, die sogenannte Virtual Parkour League (kurz VPL), welche im Hauptspiel als eine Art Zukunftssportart etabliert wird. Dieser umfasst insgesamt acht Parkour-Level, in denen wir uns per Highscore mit anderen Spielern in verschieden Disziplinen messen können.
Dabei gehen die Level in unterschiedliche Richtungen. Bei einem Level müssen wir uns mehr bewegen, beim nächsten geht es mehr um Shooting-Skills und bei manchen kommen sogar Rätselelemente dazu. Nebenher gilt es auch Zeitboni auf dem Weg einzusammeln, um das jeweilige Level auch wirklich als schnellster Spieler abzuschließen. Dabei kommt der Spieler durchaus auch mal ins Schwitzen.
Die Settings der virtuellen Level sind ebenfalls komplett anders, als im Hauptspiel. Wo dieses noch eine düsteren Dystopie zeichnet, sind die VPL-Level abstrakter und deutlich heller und optimistischer gehalten. Manchmal kommt sogar ein leichter Mirror’s Edge-Flair auf. Letzten Endes sind es aber die kreativen Level-Designs und die möglichen kreativen Lösungstrategien, welche hier wirklich erfrischen.
Fazit
The Tower II sagt, wie schon sein Vorgänger, Motion Sickness und unimmersiven Bewegungskonzepten, wie z.B. Teleportation, den Kampf. Und es erzeugt dabei ein VR-Gameplay, das echt Spaß macht. Das passiert nicht zuletzt durch eine breitere Palette an Gameplay-Elementen. Das Setting und der Soundtrack schaffen eine Welt, in die wir gerne eintauchen. Die Story ist dabei zwar nicht hochkomplex, macht aber was sie soll und schafft einen geeigneten Rahmen für das Gameplay. Dabei fängt es eine schöne Portion 80er-SciFi-Nostalgie ein. Auch die VPL macht als ergänzender Spielmodus richtig Spaß und hat sogar etwas Workout-Charakter, was in Home-Office-Zeiten auch nicht unbedingt schadet.
Summa summarum lässt sich sagen, dass das Spiel für alle, die sich auf die Spielwelt einlassen, eine runde und unterhaltsame VR-Erfahrung bekommen. Für passionierte VRistas gibt’s daher eine klare Empfehlung.
Die getestete Version wurde auf Steam mit einer HTC Vive gespielt. The Tower II von Headroom.one gibt es für ungefähr 8-10€ im Steam- und im Oculus Store. Website: The Tower II