Rollstuhlbasketball - Iguanas München

Iguanas in Frühlingsstarre?

/ / Foto: RBB Iguanas / Laura Fürst im Ligaeinsatz

Donnerstag, 12. März 2020: Die Reifen quietschen leiser auf dem Boden der Görzer Halle in Ramersdorf und das monotone “Blop, Blop” der Basketbälle verstummt langsam. Der Cheftrainer der RBB München Iguanas Benni Ryklin pfeift ab und beendet das Training. Die Spieler unterhalten sich entspannt, die Stimmung ist trotz der schwelenden Corona-Unruhe gelöst.

Eigentlich ist alles wie immer, doch der ein oder andere ahnt vielleicht schon, dass es eine der letzten Trainingseinheiten gewesen sein könnte. Die Playoffs um die Meisterschaft, beziehungsweise die Playdowns um den Ligaverbleib in der Rollstuhlbasketballbundesliga wurden abgebrochen und der Trainingsbetrieb ist trotz frühlingshafter Temperaturen auf Eis gelegt. Die Stühle stehen still und sobald wird kein Ball mehr durch die Reusen der Korbanlagen im Iguana Dome fallen.

Leguan-Houseparties

“Das war natürlich schon krass, weil man sich eigentlich nicht so verabschiedet hat, als würde man sich jetzt erstmal lange nicht mehr sehen,” erzählt Laura Fürst. Sie ist seit Jahren eine Konstante bei den Iguanas und in der Nationalmannschaft. Bei den Leguanen ist sie seit der Gründung 2013 dabei, 2017 kam der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Die Mannschaft bleibt in Coronazeiten ohne gemeinsames Training natürlich über Apps wie “Houseparty” in Kontakt, erzählt sie. Aber vor allem der Abschied von den beiden internationalen Spielern Ziv Eliyahu und Eamon Wood fällt schwer. Die beiden haben es zum Glück noch rechtzeitig nach Hause zu ihren Familien geschafft. Der Neuseeländer Wood wird wohl nächste Saison nicht in den Iguana Dome zurückkommen, sondern bei seiner Familie bleiben. Sein sportliches Experiment in Europa findet damit ein verfrühtes Ende.

Katastrophe?

Das normale Mannschaftstraining ist aufgrund des Coronavirus bis auf Weiteres ausgesetzt. Die Saison der Rollstuhlbasketballbundesliga wurde in der entscheidenden Phase beendet. Die Abschlusstabelle vor den Playoffs zählte am Ende. Während die Thuringia Bulls so ungeschlagenen Meister wurden, schafften die Iguanas den Klassenerhalt. Für Iguanas Trainer Benni Ryklin und Laura Fürst geht das in Ordnung. Obwohl die beiden Niederlagen in den Playdowns natürlich weh getan haben. Genau als die Münchner Leistung im letzten Spiel gegen Trier wieder deutlich besser wurde, kam der Saisonabbruch. “Als Sportlerin ist das natürlich eine Katastrophe,” sagt Fürst. Es war ein abruptes Ende einer doch manchmal holprigen Übergangssaison.

Kein Plan

Fürst persönlich ist mit ihrer 2. Saison unter Vollzeitarbeitsbelastung zufrieden. Der Coronavirus hat sie aber noch härter getroffen, als manch anderen Sportler. Mit dem Nationalteam war sie bei Europa-und Weltmeisterschaften erfolgreich. Bei den Paralympischen Spielen in Rio holte sie Silber. Ihr Traum von der zweiten Olympiateilnahme liegt jetzt erstmal auf Eis. Bis nächstes Jahr. “Zum Glück ist es ja nur verschoben”, sagt sie. Diese Woche hätte das zweite “Selection Camp” für die finale Kaderauswahl stattgefunden. Nach der endgültigen Absage war sie erstmal “planlos und haltlos”, obwohl ihr schon in der Woche davor klar war, dass die Spiele in Tokyo angesichts der Coronakrise unmöglich machbar sind. Laura Fürst hat extra viele Überstunden gemacht, um im Sommer für Olympia Zeit zu haben. Für sie ist das kein Grund den Kopf hängen zu lassen. Sie bleibt positiv, denn “viele Leute haben noch viel krassere Einschnitte.”

Langeweile anyone?

Statt Olympiavorbereitung in stickigen Hallen, hat Laura Fürst jetzt auf einmal Zeit am Wochenende. Normalerweise hätte sie darauf bis nach den Paralympics warten müssen. Langweilig wird ihr als Entwicklungsingenieurin mit Vollzeit-Homeoffice aber erstmal sowieso nicht. Außerdem muss sie sich nach wie vor nebenbei fit halten. Das Nationalteam gibt zwar keine “Corona”-Trainingspläne vor, für Laura Fürst ist das aber kein Problem: “Ich mache das eh schon nebenbei und hab seit Jahren meine eigenen Trainingspläne”. Vom Iguanas Trainerstab gibt es bisher auch keine Vorgaben. Um die Fitness der anderen Leguane ist Chefcoach Benni Ryklin aber nicht besorgt: “Die machen jetzt bestimmt sogar mehr als sonst, einfach weil ihnen langweilig ist.”

Out of Touch?

Ein Problem gibt’s da aber doch noch: Durch die Schließung der Freiplätze können die Iguanas, während der Ausgangsbeschränkungen, nicht mal alleine werfen gehen. Auch der Mini-Basketballkorb in Laura Fürsts Wohnung hilft da nicht wirklich weiter. So leiden die Iguanas, wie jeder Freizeitballer unter akutem Bucket-Entzug. Aber auch wenn jetzt ein bisschen Ballgefühl verloren geht, sind sich Fürst und Ryklin sicher, dass die Iguanas ihren Touch nach der Coronakrise wieder finden werden.

Für alle die es nicht erwarten können, bis es bei den Iguanas wieder losgeht, gibt es hier die Spiele der letzten Saison im Stream.