ECTS für Soziales Engagement

Punkte sammeln mal anders

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Gutes tun und dabei ECTS sammeln, ein fairer Deal, oder? Die Uni Göttingen rechnet Studierenden bis zu 6 ECTS für ihr soziales Engagement zur Bekämpfung von Covid-19 an. Ist das Modell ein Vorbild für andere Universitäten?  

Helfenden helfen, das ist das neue Motto der Fakultät der Geowissenschaften und Geographie der Universität Göttingen. Die Fakultät unterstützt ihre Studierenden, indem sie deren soziales Engagement als Studienleistung anerkennt. 20 Stunden Arbeit entsprechen dabei einem ECTS-Punkt, bis zu sechs Punkte kann man sich so anrechnen lassen.  

Momentan ist die Anrechnung nur für Studierende der Fakultät für Geowissenschaften und Geographie möglich ist. Weitere Fakultäten der Universität überlegen nachzuziehen, erklärt Studiendekan Thomas Ptak. 

Schlüsselkompetenzen 

In Göttingen arbeitet die Uni vor allem mit sogenannten Schlüsselkompetenzen. Die sollen vor allem zur  Persönlichkeitsentwicklung der Studierenden beitragen, erklärt Thomas Ptak. Die Schlüsselkompetenzen müssen immer gewonnen und mit Credits belegt werden. Dazu gibt es unterschiedlichste Angebote, auch fachfremde.  

Romas Bielke ist der Pressesprecher der Universität Göttingen und erklärt, dass die Anrechnung von sozialem Engagement gar keine große Neuerung ist. Ein Beispiel dafür sei die Arbeit in Sportvereinen, die sich Studierende der Sozialwissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen schon seit Jahren anerkennen lassen können.  

Den Vorwurf, dass Fachwissen durch die Anerkennung verloren gehe und nur das Studium verbessert wird, halten Thomas Ptak und Romas Bielke für nicht gerechtfertigt. Auch die Gefahr, dass Studierende die Unterstützung der Universität ausnutzen, sei gering, weil die Hilfeleistung durch die Organisation bestätigt werden muss und immer ein Dozent beteiligt ist.   

Dennoch gehen die Meinungen über die Idee im Netz auseinander:

„Ich würde es auch ohne ECTS machen“  

Christopher Meltzer studiert Politikwissenschaften an der LMU. Momentan hilft er drei bis vier Tage die Woche bei der Münchner Tafel aus, weil viele der älteren Mitarbeiter nicht mehr mitarbeiten können. Die Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, ist für sie einfach zu groß.
So kommt der 26-Jährige auf circa 15-20 Stunden die Woche. Nach sechs Wochen Mitarbeit bei der Tafel hätte er also die sechs ECTS Punkte zusammen. Er sagt:  

„Grundsätzlich finde ich es eine gute Idee. Man muss halt schauen, dass man einen Verteilungsschlüssel hinkriegt, der ganz gut ist. Und ich finde bis zu sechs ECTS Punkte jetzt auch noch nicht so entscheidend, dass es ein krasser Nachteil ist für alle anderen, die sich nicht engagieren können.“

Christopher Meltzer im M94.5 Interview 

Wenn die Münchner Universitäten die Möglichkeiten anböten, würde er eine Anerkennung seiner Hilfe in Erwägung ziehen. Allerdings findet er die Anrechnung als Studienleistung durchaus schwierig. Denn es gebe auch Studierende, die zur Risikogruppe gehören und demnach nicht mithelfen können. Für ihn ist aber klar:  

„Ich würd’s auch ohne ECTS machen.“ 

Christopher Meltzer 
Foto: Christopher Meltzer

Ist die Anerkennung auch an Münchner Unis denkbar?  

An der Technischen Universität stößt die Initiative aus Göttingen aber auf wenig Begeisterung. Dort ist man der Meinung, dass ECTS-Punkte Studienleistungen abbilden. Also nur solche, die man in einem Fachstudium erbringt.
Von der LMU heißt es, man habe sich mit der Thematik noch nicht beschäftigt.  

Ob die Münchner Unis ihre Meinung noch ändern und soziales Engagement anrechnen wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Eines steht aber fest: Die Hilfe junger Menschen wird gerade jetzt gebraucht.