Alben für die Quarantäne #8
Morcheeba – Big Calm
Quarantäne macht wenig Spaß, aber sie ist gerade sehr wichtig. Wenn ihr etwas Sinnvolles gegen die Langweile machen wollt, könnt ihr euch zum Beispiel Zeit für ein Gewerbe nehmen, das gerade seine Existenzgrundlage verliert: Die Kultur- und Musikindustrie. Die M94.5 Musikredaktion präsentiert euch passend dazu ein paar persönliche Lieblingsalben, die ihr unbedingt mal nachgeholt haben solltet…
Die britische Band Morcheeba ist für viele der Inbegriff von Trip-Hop. Big Calm ist ihr zweites von mittlerweile neun Alben und ein absoluter Klassiker. Der Name Morcheeba setzt sich zusammen aus „MOR“ (eine Abkürzung für den Musikstil „middle of the road“) und „Cheeba“, ein Wort für Marihuana. Laut ausgesprochen bedeutet es dann in etwa “Mehr Gras”. Vielleicht ist Morcheeba deswegen ja der perfekte Zeitvertreib für die Quarantäne.
Die Band wurde 1995 von den Brüdern Paul und Ross Godfrey, sowie Skye Edwards in London gegründet. Mit Edwards hat die Band eine unglaubliche Sängerin und Stimme gefunden. Sie trägt einen großen Teil zum typischen Morcheeba-Sound bei, aber ohne die Godfrey Brüder wäre Big Calm nicht entstanden. Mit “The Sea” ist ihnen schon zu Beginn von Morcheeba der erfolgreichste Song der Band gelungen. Nach öfter mal wechselnder Besetzung über die letzten 25 Jahre, treten mittlerweile Skye Edwards und Ross Godfrey als Morcheeba auf.
Auch jetzt noch spielt die Band bei Konzerten viele der alten Songs. Während ihr Debütalbum Who Can We Trust? (1996) noch sehr unter dem Einfluss von Massive Attack steht, gehen Morcheeba mit Big Calm in eine etwas poppigere Richtung.
Weihnachten mit der Familie
Für The Big Calm, das 1998 herauskam, haben Paul und Ross die Grundsteine schon an Weihnachten drei Jahre zuvor gelegt. Nach Aussagen von Paul, kamen die beiden nach einem Pub Besuch am Weihnachtsabend zu den Ideen für Big Calm. Wer konnte denn da ahnen, dass das Album zu einem der bekanntesten der Band werden würde.
“The Sea” soll innerhalb von fünf Minuten entstanden sein. Kein Wunder, dass das zweite Album dann schon fertig war, bevor das erste überhaupt veröffentlicht wurde.
Hip-Hop, Trip-Hop, Trip-Pop?
Auf Big Calm vereinbart die Band all ihre Einflüsse. Von Hip-Hip, über Pop und Country, bis hin zu Reggae ist hier alles dabei. So schaffen die drei einen wunderschönen Genre-Mix. “Friction“, der Reggae-Track auf dem Album, dreht sich um Unruhen in Brixton. Was aber Spikey T, der zusammen mit Skye singt, genau sagen will, wissen nicht mal die Bandmitglieder. Hauptsache es klingt gut!
Einen ganz anderen Sound hat da “Over and Over”, eine Akustiknummer mit Streicherbesetzung, bei der besondere Stimme von Skye Edwards besonders hervorragt. Das soll sogar George Michael aufgefallen sein, trotz den bescheidenen Produktionsmöglichkeiten. Wem das jetzt zu poppig ist, für den ist der Titeltrack “The Big Calm” vielleicht eher etwas. Darauf hat Jason Furlow von New Kingdom ein Feature. Durch den scratchy Sound, der durch ein rückwärts abgespieltes Tape entsteht, Furlows Rap, Skyes Stimme im Hintergrund und die gesampelten Drums, ist der Song eine schöner Abschluss für das Album. Die Produktion des Songs hat Morcheeba so viel Spaß gemacht, dass sie das Album danach benannt haben.
Große Stille
Das Album lässt sich nur schwer in ein Genre einordnen, aber genau das macht es so schön. So ist auch die Stimmung der Songs – von sehr melancholisch in “Over and Over” bis hin zum fröhlicheren, sommerlichen Sound von “Fiction” – verschieden. Das Album ist perfekt, um sich zurück zu lehnen und die Seele baumeln und die Gedanke treiben zu lassen. Die entspannte Musik von Morcheeba ist perfekt für die große Stille, die gerade aufgrund der Quarantäne herrscht. Für jeden aus der WG oder der Familie ist da was dabei. Aber auch alleine kann man mit dem Album leicht die Zeit aus dem Auge verlieren. Hoffen wir aber trotzdem, dass es nicht „three months in here“, wie in dem Song “Blindfold”, werden.