M94.5 Filmkritik
Widows – Tödliche Witwen
Mit “Widows” lässt Regisseur Steve McQueen eine britische Mini-Serie aus dem Jahr 2002 wieder aufleben und bringt sie in einem Thriller überzeugend auf die Kinoleinwand.
Einfach gestrickte Handlung
Zugegeben: Anfangs klingt der Name Widows – Tödliche Witwen nach einer schlechten und vorhersehbaren Komödie. Und auch die Handlung wirkt erst einmal sehr einfach gestrickt: Drei Frauen müssen plötzlich alleine auf ihren Beinen stehen, nachdem ihre Ehegatten, die einer kriminellen Bande angehören, bei einer Explosion ums Leben kommen. Noch dazu hinterlassen die Männer den Witwen einen Schuldenberg von zwei Millionen Euro bei keinem geringeren als dem lokalen Politiker und Gangster Jammal Manning (Brian Tyree Henri), der den Frauen wegen der Millionensumme auf die Pelle rückt. Manning braucht das Geld in der Hochphase der Wahl, um mit einer Kampagne seinen beim Volk sehr beliebten Gegner Jack Mulligan (Colin Farrell) ausstechen zu können. Den Frauen bleibt also nichts anderes übrig, als sich selbst in das kriminelle Geschäft der Männer zu stürzen und im nächsten Coup zwei Millionen zu stehlen.
Spannung pur
Den roten Faden, an dem sich der Film langsam entlang hangelt, durchbricht McQueen (Shame, 12 Years a Slave) mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Diese machen den 128-minütigen Film nicht nur kurzweilig, sondern sorgen auch für den nötigen Nervenkitzel. Außerdem bringen diese Überraschungen Emotionen mit sich: Neben Trauer, Wut und Angst finden auch humorvolle Pointen Platz an der richtigen Stelle. Dennoch aber wird der Film nicht zum Drama oder zu einer Komödie. Widows bleibt bis zum Schluss ein einzigartiger Thriller, der mithilfe der aufreibenden Filmmusik von Hans Zimmer unweigerlich zu Nervosität beim Zuschauer führt.
Ausgezeichnete Besetzung
Einzigartig machen den Film auch seine Rollen, die bis zur kleinsten Nebenrolle perfekt besetzt sind: Viola Davis spielt die Witwe Veronica, die durch ihren gefassten und starken Charakter schnell zum Kopf der Frauenbande wird. Durch die unterschiedlichen Charaktere der anderen Frauen (Michelle Rodriguez & Elizabeth Debicki) entwickelt sich schnell eine besondere Dynamik und damit einhergehend ein ebenso großes Konfliktpotential. Jede der Frauen geht jedoch auf ihre individuelle Weise an ihre Grenzen, sodass der Zuschauer die Charaktere bei dieser Entwicklung begleitet.
Alles in einem – aber doch zu viel?
In Widows – Tödliche Witwen ist wirklich alles drin: Psychospielchen, Emotionen und Gesellschaftskritik. Trotz dieser gelungenen Kombi gibt es einige Nebenhandlungen, die für die eigentliche Story des Films nicht relevant sind, sondern eher für Verwirrung sorgen, da sie nicht zu Ende erzählt werden. Etwa wird auf politische Themen und Korruption angespielt, diese Aspekte wollen aber so gar nicht mit der eigentlichen Raubüberfall-Geschichte zusammen passen und sprengen den Rahmen des Films. Konzentriert man sich jedoch auf die Haupthandlung, die düstere Inszenierung und die überzeugenden Charaktere, lohnt sich ein Kinobesuch für McQueens ersten Thriller mit Sicherheit.
“Widows – Tötliche Witwen” läuft ab 06. Dezember 2018 in den deutschen Kinos.