Kommentar
“Be a Lady, They Said”
Das Werbevideo des Modemagazins, welches „passend dazu“ „Girls. Girls. Girls.“ heißt, geht seit ein paar Tagen im Netz viral. Passt feministische Werbung für ein Frauenmagazin, das selbst fast ausschließlich normschöne Frauen darstellt? Ein Kommentar von Cora Weidner.
Knapp drei Minuten lang zitiert die Sex-and-the-City-Schauspielerin Cynthia Nixon einen, zugegeben, sehr fesselnden Text, den Camille Rainville auf ihrem Blog veröffentlicht hat. Camille Rainville beschäftigt sich in ihrem Gedicht kritisch mit den Schönheitsidealen von Frauen und Aufforderungen, nach denen sich Frauen zu richten haben.
„Be a lady they said. Your skirt is too short. Your shirt is too low. Your pants are too tight. Don’t show so much skin. Don’t show your thighs. Don’t show your breasts. Don’t show your midriff.“
Der Text, der in dem Video vorgelesen wird, zeigt wie widersprüchlich diese Anforderungen an uns Frauen sind und wie hoch der Druck ist, dem Ideal zu entsprechen. Dazu zeigt das Video schnell aufeinander geschnittene Bilder, die Models in teuren Klamotten abbilden. Auch wenn sie sich total theatralisch die Schminke aus dem Gesicht wischen und damit die Künstlichkeit von Make-Up entfernen, repräsentieren sie gleichzeitig aber genau das, was das Gedicht kritisiert: die westlichen Schönheitsideale, gegen die sich viele von uns wehren. Volle Lippen, 90-60-90 und glatte Haut. Das Modemagazin „Girls. Girls. Girls.“ startet damit eine Werbekampagne und alle im Netz feiern es.
Ist das nicht mehr Kommerz fürs Magazin als Empowerment für Frauen?
Hier treffen die Ideen von Feminismus direkt auf das Mode-Business. Der Gedanke sich für Frauenrechte stark zu machen und auf Missstände hinzuweisen, ist wichtig. Die Kommerzialisierung des Themas für Werbezwecke ist allerdings eine Kannibalisierung der Idee. „Girls. Girls. Girls“ sind nicht die ersten, die entdeckt haben, dass das Thema Feminismus ganz schön viel Aufmerksamkeit bekommt. Zadig&Voltaire bewirbt ein Parfüm mit dem Slogan „Girls can do anything“ – also nach dem Motto: Akzeptier Dich so wie Du bist – und wählt dafür allerdings ein normschönes blondes Model. Auch die Bindenmarke Always spielt in ihrer Kampagne „#LikeAGirl“ mit den Idealen einer Frau zu Verkaufszwecken. Der vermeintliche Feminismus, den die anderen Kampagnen da aufgreifen, gilt aber hauptsächlich der Oberschicht und befasst sich damit, ob ich mir meine Achseln rasieren muss oder ob ich den richtigen BMI habe.
„Girls. Girls. Girls.“ ist voll von Schönheitsidealen.
Ich erinnere mich noch an verschiedene Sätze meiner Eltern „So würde ich nicht rausgehen.“ oder „Heute bist aber stark geschminkt!“. Manchmal kriegt man die Botschaften unverblümt ins Gesicht geklatscht und manchmal sind sie nur ganz versteckt in Liedtexten, in Werbung, oder eben – in Frauenzeitschriften- zu finden.
Im Video werden feministische Inhalte transportiert und gleichzeitig präsentiert der Instagram-Account des Modemagazins aber topfitte Models, die perfekt geschminkt sind und nur teilweise scheinbar das allgegegenwärtige Ideal durchbrechen, indem sie mal eine Monobraue oder eine Zahnlücke posten. Das schafft Verwirrung und führt den Leser hinters Licht. Durch den ersten Eindruck wird der Leser zum Kauf angeregt und wird anschließend aber mit einem völlig anderen Meinungsbild im Magazin konfrontiert, das überhaupt nicht der Werbekampagne im Video entspricht.
Die Kommerzialisierung des Themas Feminismus ist nicht in Ordnung.
Natürlich sollen sich auch genau diese Ideale ändern, aber schwierig wird es, wenn, gerade bei jüngeren Zielgruppen, der Eindruck entsteht, dass sich die Kampagne mit richtigem Feminismus beschäftigt, obwohl er überhaupt nicht alle Frauen miteinbindet. Denn Feminismus ist Teil einer Bewegung, die sich für die Rechte von Frauen aktiv und auf gesetzlicher Ebene einsetzt. Auch wenn das Thema durch solche Werbekampagnen an wertvoller Popularität gewinnt, ist die Profitausschlachtung für Verkaufszwecke höchst fragwürdig.