The Final Season

Angezockt: The Walking Dead

/ / Bild: Telltale Games

Telltales „The Walking Dead“-Reihe neigt sich seinem vorzeitigen Ende zu. Der neueste Ableger der Reihe, wirkt aber vielversprechend.

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The Walking Dead – The Final Season | OFFICIAL TRAILER | Quelle: Telltale Games

Dass das Entwicklerstudio Telltale wohl geschlossen wird, ist vermutlich an niemandem in der Gaming-Szene vorbeigegangen, und auch die vorläufige Nachricht, dass damit die letzte Staffel von „Telltale’s The Walking Dead“ der Paradereihe des Studios nun auch unbeendet bleiben sollte, wirkte schade.

Jetzt macht sich unter Fans dennoch wieder Erleichterung breit, denn Telltale hat offenbar die finalen Episoden der Staffel extern in Auftrag gegeben und dabei kein geringeres Studio als Skybound Games gewählt. Das könnte vor allem Fans der Comics und der Fernsehserie zusagen, denn der Mutterkonzern des Studios Skybound Entertainment wurde von Robert Kirkman gegründet, dem Schöpfer des gesamten Franchises. Auch einige der Entwickler des alten Telltale Teams sollen wieder an Bord sein. Das verspricht auf alle Fälle Kontinuität.

Was uns letzten Endes in den kommenden Episoden erwartet, können wir zwar dabei leider noch nicht sagen, aber im Review der ersten beiden Episode erfahrt ihr, ob sich das Warten lohnt.

Ein Kreis schließt sich

Clem in den Fußstapfen ihres Mentors | © Telltale

Genug vom Wegrennen“, mit diesem Titel begrüßt die erste Episode der vierten und finalen Staffel seine Spielerschaft. Schon am Setting merkt man, die neue Staffel möchte den Kreis der Serie endgültig schließen, denn man fühlt sich stark an die erfolgreiche erste Season der Reihe vor sechs Jahren zurückerinnert. 

Damals war es noch das kleine Mädchen Clementine, das wir mit Hauptcharakter Lee beschützen musste. Dabei wuchs das Duo im Laufe der Story immer weiter zusammen. Nach einigen Ereignissen der Staffel 2 und 3, die hier jetzt allerdings nicht genauer erläutert werden, um den Review weitestgehend spoilerfrei zu halten, finden wir uns nun in der aktuellen Staffel in einer fast identischen Situation wieder. Bloß dieses Mal findet sich Clementine nicht mehr in derselben Rolle: Denn als, durch die Ereignisse der Zwischenstaffeln, abgehärtete Teenagerin ist es nun sie, die in Lees Fußstapfen tritt, um die Beschützerin zu spielen. In ihrer Obhut liegt der junge Albert Junior (AJ), den sie nun sicher durch eine Welt voller Gefahren und Beißern führen soll. Dabei muss sie AJ auch den einen oder anderen Rat auf den Weg geben, der oft unmittelbare Auswirkung auf dessen Verhalten und Charakter hat.

In der Story ist AJs Erziehung besonders wichtig| © Telltale

Auf ihrer Suche nach einem sicheren Ort landet das Duo dabei dieses Mal in einer Gruppe, die sich in einem verlassenen Internat verschanzt hat. Die Besonderheit dabei: In der neuen Kommune gibt es keine Erwachsenen. Diese haben sich nämlich beim Ausbruch der Zombie-Apokalypse verdünnisiert.

Die Mitstreiter, die Clem und AJ dadurch an die Hand bekommen, sind damit zwar oftmals erfrischender als einige der Charaktere der vorherigen Teile, dennoch schaffen nicht alle von ihnen die selbe emotionale Tiefe zu erreichen, die einige wiederkehrende Charaktere der Vorstaffeln hatten. Es fehlen hier teilweise einfach zumindest auf den ersten Blick charakterliche Ecken und Kanten. 

Das ändert sich im Laufe der Episode bei einigen der Charaktere auch wieder, denn die Episode nimmt sich oftmals viel Zeit, einem die handelnden Personen wirklich näher zu bringen, was hier auch einigen Charme verleihen kann. Dennoch hätten das Wiederauftauchen einiger „Bekannter“ aus den Vorstaffeln dem Plot tatsächlich gut getan. 

Gegen Ende der Episode fiebert man aber auch mit den neuen Figuren wirklich mit, auch wenn die finale Auflösung hier etwas abrupt kommt. Dennoch besteht hier sicherlich das Potential für die eine oder andere Überraschung. Mehr sei an dieser Stelle aber noch nicht verraten.

[Update: In der zweiten Episode “Lasst die Kinder zu mir kommen” wird in den ersten paar Minuten direkt an den Drive der ersten Episode angeknüpft. Dabei lässt man sich jedoch später mehr Zeit zu erzählen was mit der Gruppe nach den Ereignissen der ersten Episode passiert. Das ist storytechnisch durchaus interessant und zeigt uns den ein oder anderen Charakter von einer anderen Seite. Des weiteren bekommt es die Gruppe gegen Schluss mit einer manifesten Bedrohung zu tun. Mehr sei hier aber auch nicht verraten. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Pacing in der zweiten Episode qualtitativ noch einmal deutlich aufbaut.]

Clementine unchained

Die neueste Staffel macht Clementine wesentlich agiler. | © Telltale

Gameplayseitig hat das Telltale-Team einige Mechaniken mittlerweile deutlich aufpoliert. So hat man den statischen Kamerawinkeln der früheren Staffeln den Kampf angesagt und stattet den Spieler jetzt mit einer Schulterperspektive und einer frei beweglichen Kamera aus. Sogar Kampfsequenzen mit den Beißern laufen nun nicht mehr nur als eine Reihe aneinandergereihter Quick-Time-Events ab, sondern lassen den Spieler Clementine größtenteils frei bewegen. Das ist zwar jetzt auch kein absoluter Quantensprung, macht das Gameplay aber wesentlich direkter als in den Vorgängerteilen. Alle Actioneinlagen werden dadurch nun viel immersiver.

So kann den Beißern nun auch über geschicktes Auslösen von Fallen und richtiges Timing der Garaus gemacht werden. In einem Abschnitt der Episode versucht man sich Gameplayseitig dabei sogar am klassischen Old-School-Horror-Genre und gibt dem Spieler nicht mehr als eine Taschenlampe an die Hand. Konsequent werden die neuen Ideen dabei zwar nicht durchgezogen, wirken aber durchwegs abwechslungsreich.

[Update: Auch in Episode 2 bekommt ihr ein ähnliches Gameplay-Konstrukt zu Gesicht, wie in Episode 1, was aber immer noch erfrischend bleibt. Zur Neuerfindung des Rades kommt es hier aber auch nicht.]

Im neuen Gewand

Der der neue Graphic-Black-Stil verleiht der Staffel einen Comic-ähnlicheren Look. | © Telltale

Grafisch hat sich in der neuen Season tatsächlich auch echt viel getan. So setzt die neue Staffel auf den sogenannten „Graphic Black“-Stil. Dieser erzeugt dabei einen Look, wie man ihn sonst nur in Kirkmans Originalcomics wiederfindet. Das unterstreicht das Setting, dass dadurch an vielen Stellen noch düsterer wirkt als in den vorangehenden Teilen, es aber gleichzeitig auch schafft, stilistischer und farbenfroher zu sein. An manchen Stellen hat man hin und wieder sogar einen leichten 80er-Touch.

Auch mit Rucklern, wie in manchen früheren Seasons, hat das Spiel gefühlt seltener zu kämpfen, wird sie jedoch nicht endgültig los. Das dürfte wohl der neuen vom Studio genutzten Spiele-Engine geschuldet sein.

[Update: Lediglich in Episode 2 merkt man drastische Leistungseinbrüche. Gesichter und Mimiken funktionieren manchmal nicht lippensynchron und Charaktere spawnen öfters durch die Gegend, oder bewegen sich, als wären sie vom Blitz getroffen worden. Das ist dann eher unschön, aber zu verkraften, bezieht man hier mit ein, dass Telltale zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Schließung stand. Bei der Fortführung durch Skybound sollten solche Bugs aber wohl nicht mehr vorkommen.]

Des Weiteren gibt es in der neuen Staffel auch in puncto Sound eine große Neuerung, denn dieses Mal gibt es auch eine Deutsch synchronisierte Sprachvertonung. Dabei ist diese in den meisten Fällen recht gut getroffen, kommt dabei aber nicht immer an den originalen englischen Cast heran. Das ist aber durchaus Geschmacksache und kann auch mit der Gewöhnung an den bisherigen Cast zusammenhängen.

Fazit

Auch wenn das Setting in der neuesten Season von „Telltale’s The Walking Dead“ zunächst etwas ungewöhnlich wirkt, schafft es doch letztendlich zu überzeugen: Zwar nicht zwangsläufig in Sachen Spannung, aber im Mut des Studios auch mal auf eher langsam aufbauende Story- und Charakterelemente zu setzen. Schade nur, dass man den Schluss von Episode 1 etwas abgekürzt hat. Das Pacing dürfte in Zukunft noch leicht angepasst werden um an manchen Stellen unnötige Längen zu vermeiden. [Update: Bei Episode 2 wurde dieses daher noch einmal deutlich verbessert und das tut der Story auch gut]

Vor allem aber alle Bemühungen des Studios bei der aktuellen Staffel aus dem gewohnten „Telltale-Prinzip“ auszubrechen machen die neue Staffel besonders. So sorgen das nun direktere Gameplay, der neue Grafikstil, sowie einige der neu implementierten Ideen des Games für zusätzliche Frische in der Reihe.

Generell sind nach dem Auftakt der finalen Staffel die restlichen Episoden auf alle Fälle einen Blick wert, denn neben einigen alten Telltale-Lastern setzt die neue Staffel spannende Konzepte und ein interessantes und neuartiges Narrativ, dass es wirklich verdient zu Ende erzählt zu werden. Auf die weiteren Folgen sind wir also durchaus gespannt. 

Die getestete Version wurde auf dem Computer gespielt. The Walking Dead – The Final Season gibt es grad leider aufgrund der letzten Ereignisse nicht mehr als Download auf PC, Mac, Linux, Xbox One oder PS4. Sobald die finalen Episoden durch Skybound Games produziert worden sind, sollte hier aber auch wieder die gesamte Staffel beziehbar sein. Website: The Walking Dead – The Final Season