K13 Interview

Kunst, Leben, Künstliche Intelligenz

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Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Roboter: langsam wird das alles immer alltäglicher! Der erste Algorithmus hat seinen Plattenvertrag und der erste Zirkus hält jetzt nur noch Hologramme statt echten Tieren in der Manege. Das Theater rühmt sich dagegen als analoge Kultur. Steht hier eine Änderung bevor? – Um die Rolle von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz in unserer Gesellschaft und im Theater zu diskutieren, veranstalten die Münchner Kammerspiele vom 11.- 16.Juni das Festival „Politik der Algorithmen“. Der Kurator des Festivals Christoph Gurk war zum Interview im Kulturmagazin K13.

Der Untertitel des Festivals ist “Kunst, Leben, Künstliche Intelligenz”: Wie passen diese Dinge zusammen?

Eigentlich bedeutet das, dass es bei Künstlicher Intelligenz um alles geht! Das ist mir auch bei den Vorbereitungen zum Festival immer klarer geworden: Je mehr ich mich mit dem Thema auseinandersetzte desto weniger weiss ich eigentlich, weil es eigentlich fast gar keine Selbstverständlichkeiten mehr gibt. Alle Aspekte des Lebens und auch der Kunst werden umgekrempelt. Wir versuchen einen kleinen Beitrag zu leisten das zu bearbeiten und zu diskutieren.

Wir müssen also unsere ganze Welt digital neu denken. Wie kann ich mir das im Rahmen des Festivals denn vorstellen? Wie ist das aufgebaut?

Es ist ein Theaterfestival: Wir zeigen sehr viele Theater-Perfomances und Installationen, wo verschiedene InterpretInnen und KünstlerInnen versuchen einen künstlerischen Zugriff auf das Thema zu finden und das Ganze wird dann eingerahmt durch ein Vortrags- und Diskussionsprogramm.

Wie wichtig ist es momentan über diese Themen zu sprechen?

Sehr wichtig![…] Inzwischen ist dass ja neben der Umwelt, dem Aufstieg der Grünen und den Freitags-Demonstrationen das Thema Nummer Eins geworden. Das finde ich toll: Wenn man das Wort Algorithmus versucht zu erklären, ist das gar nicht so einfach. Die wenigstens wissen eigentl ich wirklich was das ist. Ich glaube auch, dass bei Künstlicher Intelligenz ganz viele Leute Respekt davor haben, “das ist so ne schwierige Materie das muss irgendwas mit Mathematik zu tun haben. Da komm ich nicht rein.” und das wäre eine ungute Entwicklung. Ich glaube, dass der Abstand zu dieser Materie verringert werden muss. Wir alle müssen vielleicht mal nicht nur Französisch und Englisch sondern auch Programmier-Sprache lernen, damit wir einfach nicht von diesen Prozessen abgehängt werden und gar nicht mehr wissen was mit uns passiert.

Festivalleiter Christoph Gurk

Das Festival heißt “Politik der Algorithmen” Wie politisch ist das Thema? Wo kommt die Politik ins Spiel?

Algorithmen haben ja erstmal gar nicht so viel mit Mathematik zu tun, sondern sind immer eine Kette von Befehlen und Vorschriften, die der Lösung eines Problems dienen. Der BMI ist ja zB auch nur ein Algorithmus. Diese Algorithmen umgeben uns überall in unserem Alltag.

Das fängt schon bei der Partnersuche bei Tinder: Dann sorgen Algorithmen dafür, dass uns bestimmte Leute vorgeschlagen werden. Wenn es da zu einem Date kommt, sieht man im Café dass sie durch einen Algorithmus in die Situation gebracht wurden, in diesem Café zu sitzen. Das sind alles Prozesse die etwas mit uns machen und das ist deswegen politisch, weil ja immer Profile von uns erstellt werden: Uns gibt es als elektronisches Profil, wo alle unsere Neigungen und Eigenschaften protokolliert sind und damit werden Entscheidungen getroffen, die wir gar nicht mehr in der Hand haben. Es wird ja immer von der sogenannten “algorithmic bias” gesprochen, das heißt dass diese Klassifizierungsverfahren vorurteilsgeleitet sind. Der Rassismus den es in der analogen Welt gibt den gibts auch in der Welt der Algorithmen. Dem Politischen an diesen Prozessen wollen wir auf den Grund gehen.

Die Themen selbst sind aber sehr unterschiedlich oder?

Genau es gibt zum Beispiel auch ein Panel in dem eine renommierte Feministische Theoretikerin und Feministin einen Vortrag halten wird. Helen Hester, die an einer Universität in West-London lehrt, mit einer Gruppe von Künstlerinnen ein Manifest veröffentlicht vor 4 Jahren das Xeno-Feministische Manifest: Das sind feministische Aktivistinnen die im Bereich der Technologie arbeiten und die eben zurecht kritisieren, dass alles was sich im Silicon Valley so ausgedacht wird an digitaler Technologie, meistens die Probleme von weißen alten Männern löst aber nicht unbedingt die Probleme von Frauen oder anderen strukturell benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Die sind eben ganz stark dafür, dass man Technologie nicht ablehnen sollte, sondern als etwas sehen sollte, mit dem man jetzt leben muss und das man irgendwie auch gestalten muss. Wenn man sich zum Beispiel die Welt der Sexarbeit ankuckt: Wieso eigentlich nicht über Sex-RoboterInnen nachdenken? Oder die ganzen Kehr-Berufe und Pflegeberufe die regelmäßig zum Burn-Out führen. Vielleicht ist der Mensch gar nicht der richtige um diese Aufgaben zu erledigen.

“Politik der Algorithmen” ist noch bis zum 16. Juni in den Kammerspielen.