M94.5 Filmkritik
A simple favor
Einer Freundin kann man schon einmal einen kleinen Gefallen tun. Aber was, wenn sie daraufhin spurlos verschwindet? Regisseur Paul Feig bringt mit dieser Geschichte seinen ersten Thriller auf die Kinoleinwand.
Stephanie Smothers (Anna Kendrick) ist eine unscheinbare Vorstadtmutti aus New York, die sich alleine um ihren Sohn Miles kümmert, nachdem sie ihren Mann und ihren Bruder bei einem Autounfall verloren hat. Sie engagiert sich übereifrig bei Elternabenden und Ähnlichem und betreibt ansonsten einen Vlog, in dem sie anderen Müttern Lebens- und Haushaltstipps gibt. Eines Tages trifft sie auf die geheimnisvolle, stylisch-glamouröse Emily Nelson (Blake Lively), eine Mode-PR-Chefin, die so überhaupt gar nichts mit den anderen Eltern auf dem Schulhof gemein hat. Emily trägt schicke Hosenanzüge mit Krawatte und Gehstock und hat eine unnahbare, dominant-selbstsichere Ausstrahlung, die mit einer „I don‘t give a shit“-Attitude gekoppelt ist. Sie wohnt in einem perfekt eingerichteten, modernen Luxushaus und trinkt schon vormittags Martinis. Nie würde man denken, dass sich diese Frau mit der “Durchschnittsmum” im süßen Blümchenrock anfreunden würde. Aber sie tut es.
Zwei gegensätzliche Frauen und viele Geheimnisse
Mit Anna Kendrick und Blake Lively hat „Nur ein kleiner Gefallen“ zwei großartige Schauspielerinnen gefunden, die die beiden gegensätzlichen Mütter absolut überzeugend verkörpern. Stephanie wird schnell von Emilys Art eingenommen und bei ein paar Drinks erzählen sich die beiden dann auch ein paar dunkle Seiten von sich. Es entsteht eine Art Freundschaft, die auf die Probe gestellt wird, als Emily Stephanie um einen kleinen Gefallen bittet: sie soll ihren Sohn Nicky doch bitte mit von der Schule abholen. Doch Emily taucht nie wieder auf. Stephanie beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, was mit ihrer Freundin passiert ist. Dabei holt sie immer mehr Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht und hört selbst dann nicht auf, als man die Leiche von Emily aus einem See zieht. Wer war diese Frau? Wieso hat sie kurz vor ihrem Tod eine Lebensversicherung über vier Millionen Dollar abgeschlossen? Und wieso sagt Nicky, er hätte seine Mutter wieder gesehen, obwohl sie doch eigentlich tot ist?
Wilder Mix aus verschiedenen Genres
Die Story klingt bis zu dem Punkt tatsächlich nach Thriller. Der Film kann aber wohl kaum als solcher bezeichnet werden. Zwar erweckt er den Anschein, eine spannende Geschichte erzählen zu wollen und hat mit dem Verschwinden Emilys und ihrem Leichenfund auch den richtigen Ausgangspunkt. Dennoch durchbricht er sein Genre immer wieder mit Elementen aus anderen Gattungen, wie Komödie oder Horror, bis es am Ende komplett skurril-absurd wird. Regisseur Paul Feig erzählt hier weniger eine interessante Thriller-Geschichte, als viel mehr die Dynamiken zwischenmenschlicher Beziehungen. Getragen wird der Film hauptsächlich von seinen beiden Protagonistinnen und der Energie, die frei wird, wenn das ungleiche Frauengespann Kendrick und Lively aufeinandertrifft. Interessant ist dabei auch die Veränderung, die beide Figuren durchlaufen: einerseits Stephanie, die sich von der zurückhaltenden Helikoptermutter zur selbstbewussten Detektivin entwickelt, die in der Vergangenheit ihrer Freundin schnüffelt und eine Liaison mit deren Ehemann eingeht. Und Emily als die mysteriöse, unerreichbare Superwoman, die immer mehr zur verschlagenen Verbrecherin wird.
“Nur ein kleiner Gefallen“ macht trotz einiger Schwachstellen Spaß, was vor allem an den Hauptdarstellerinnen liegt. Wer Lust auf schwarzen Humor und Skurrilität hat, liegt mit diesem Film nicht daneben.
“Nur ein kleiner Gefallen” läuft ab Donnerstag, den 08.11.2018 in den deutschen Kinos.