M94.5 Filmkritik
Ein Flohmarkt des Vergessens
Catherine Deneuve ist eine Ikone des französischen Films. In “Der Flohmarkt von Madame Claire” gibt sie nun eine ältere Dame, die sich von all ihren Habseligkeiten trennt und das Leben ihrer Tochter erschwert – gespielt von Catherine Deneuves realer Tochter Chiara Mastroianni.
Madame Claire (Catherine Deneuve) lebt in einem herrschaftlichen Landhaus mit Garten, das gefüllt ist mit kostbaren Antiquitäten wie Puppen aus dem 19. Jahrhundert, edlen Sekretären und einer goldenen Elefantenuhr. An einem Morgen im Sommer beschließt die ältere Dame jedoch, all ihre Besitztümer in einem privatem Flohmarkt vor ihrer Tür loszuwerden. Das erweckt bei ihr wie auch in ihrer Umgebung die Geister der Vergangenheit wieder. Widerwillig kommt auch Madame Claires Tochter Marie (Chiara Mastroianni) nach zwanzig Jahren wieder und muss mit den Launen ihrer Mutter zurecht kommen.
Rätsellösen für Nostalgiker*
Die Regisseurin Julie Bertuccelli zeigt eine senile und verwirrte ältere Dame, deren Handlungen zunehmend wahnsinnig und gleichzeitig unschuldig wirken. Madame Claires Vergangenheit und vor allem der Konflikt zwischen Mutter und Tochter werden im Laufe des Films in Rückblenden aufgerollt und so zunehmend aufgelöst. Dabei werden diese Rückblenden so geschickt eingesetzt, dass man als Zuschauer dabei bleibt und weiter rätselt, was genau vorgefallen sein könnte. Mit stimmungsvoller Musik und Bildern, die all die Gegenstände in Szene setzen, die Madame Claire bei sich gehortet hatte, hat der Film diesen gewissen Charme, der so vielen französischen Filmen nachgesagt wird.
Surreales Familiendrama
Es ist jedoch schwer zuzusehen, wenn Madame Claire ihre Tochter kalt und abweisend behandelt und Marie wiederum mit sich ringt, wie sie mit ihrer mittlerweile schutzbedürftigen Mutter umgehen soll. Catherine Deneuve spielt die senile Madame einerseits forsch, andererseits immer etwas abwesend, was wohl ihre Unschuld oder Verwirrung betonen soll, beim Zuschauer jedoch vor allem auch Unverständnis für ihre Figur hervorruft. Unterfüttert wird das Familiendrama mit surrealen Elementen, die der Fantasie der Mutter entspringen und Madame Claire zusätzlich wie nicht von dieser Welt porträtieren. Wie sehr ihre Tochter darunter leidet, wie ihre Mutter einmal war und wie schwierig es für sie ist, mit der geistigen Umnachtung Madame Claires umzugehen, wird dabei weder bewertet noch klein gemacht und ist daher auch in seinem Ende konsequent. Konsequent, für den Zuschauer aber auch etwas unbefriedigend.
Insgesamt spielt Der Flohmarkt von Madame Claire mit verschiedenen Stimmungen und Fantasy-Elementen, die sich in ein wenig übersichtliches Sammelsurium zusammenfügen. Dieses Wirrwarr ist vergleichbar mit dem Flohmarkt aus Antiquitäten: Es ist interessant, ihn sich anzusehen und auf sich wirken zu lassen, aber am Ende nimmt man doch nicht viel mit.
“Der Flohmarkt von Madame Claire” läuft ab 02. Mai 2019 in den deutschen Kinos.
*Für die bessere Lesbarkeit wird in diesem Text das generische Maskulinum verwendet, gemeint sind damit natürlich alle Geschlechter.