KOMMENTAR
Wir wollen Wasser! Ein Plädoyer gegen Austrocknung auf Festivals
Tanzen, Schwitzen, Trinken – das steht bei jedem Festivalbesuch auf dem Programm. Problematisch kann es werden, wenn kein Trinkwasser zur Verfügung steht. Genau dieses Szenario hat sich am Wochenende unter anderem bei einem Elektro-Festival nördlich von München zugetragen. Dort ist an den Verkaufsständen einfach zeitweise das Wasser ausgegangen. Ein No-Go, findet Lea Wörner. Ein Kommentar.
Die Musik dröhnt, das Festival ist in vollem Gange. Tausende Menschen verlieren literweise Schweiß auf der Tanzfläche – mich eingeschlossen. Ich quetsche mich vor zur Bar, mein Hals ist trockener als die Wüste Gobi. “Ein Glas Wasser, bitte”, bettle ich mit letzter Kraft beim Barkeeper. Der schaut mich nur mitleidig an: “Wasser ist gerade leer, versuch’s später nochmal.”
Ich bin fassungslos!
Dass keine eigenen Getränke mit auf ein Veranstaltungsgelände genommen werden dürfen, kann ich ja noch nachvollziehen. Das Argument, Glasflaschen seien zu gefährlich, überzeugt zwar nur, wenn auch das Bier in Bechern ausgegeben wird. Auf jeden Fall verständlich ist die mangelnde Kapazität der Veranstaltenden, bei jedem mitgebrachten Getränk zu kontrollieren, ob es sich auch wirklich nur um Wasser handelt. Schließlich ist die Bar eine wichtige Einnahmequelle bei solchen Events. Keine Frage.
WENN ES UM TRINKWASSER GEHT, MUSS DIE GELDMACHEREI AUFHÖREN
Mein Verständnis endet aber, wenn Festivalbesuchende durch das Verbot, eigenes Wasser mitzubringen und die Kombination aus Hitze, Alkohol und stundenlangem Tanzen auf den Wasserverkauf angewiesen sind und dann schlichtweg ausgebeutet werden. 0,3 Liter Wasser kosten was? Eine Unze Gold? Kann ich vielleicht einfach meine Rolex dagegen eintauschen? Ah Moment, ich habe keine Rolex.
Gegen ein oder zwei Euro für eine Flasche Wasser haben sicherlich die Wenigsten etwas einzuwenden.
Aber eigentlich spricht doch auch wirklich nichts dagegen, auf dem Gelände eine ausreichende Anzahl an Wasserspendern zu verteilen. Das wird die Besuchenden sicherlich nicht davon abhalten, noch anderweitige Getränke an der Bar zu konsumieren. Oder geht das Kapitalismus-Argument vielleicht in eine andere Richtung? Eine zusätzliche Sanitätskraft, die dehydrierte Menschen abtransportiert, ist auf die Stunde gerechnet wahrscheinlich günstiger, als genügend Wasserspender aufzustellen. Aber Leute, ernsthaft – das geht doch nicht! So weit darf Geschäftemacherei auf Festivals nicht gehen.
HAHNTRINKEN IM KLOCONTAINER – EHER WÜRDELOS
Wasser sollte schließlich als Grundrecht genauso selbstverständlich sein wie die Menschenwürde. Anderseits – ob die wohl gewahrt ist, wenn ich gebeugt über das winzige Waschbecken des stinkenden Toilettencontainers verzweifelt versuche, meinen ausgetrockneten Mund zu befeuchten, während acht andere Menschen um mich herum ihre klebrigen Klofinger am selben Wasserhahn waschen wollen? Wohl eher nicht.
Ob eigene Flaschen mitbringen, kostenlose Spender oder erschwinglicher Verkauf – zumindest eine realistische Möglichkeit auf Wasserversorgung bei Festivals im Hochsommer muss bleiben. In Amsterdam beispielsweise ist das auf Festivals sogar gesetzlich vorgeschrieben. Eine vergleichbare Regelung gibt es in Deutschland nicht. Worauf ich hier stattdessen weiterhin hoffe: Gesunden Menschenverstand.
#Trinkwasser #Festival #Wasserversorgung #Dehydration