Bild: @ Gariza Films, Inicia Films

Filmkritik

20.000 Arten von Bienen

/ / Bild: @ Gariza Films, Inicia Films

Die Identitätskrise eines Kindes wird mit einem Familiendrama verwoben. Eine Geschichte über Liebe, Akzeptanz und die Beziehung zwischen drei Generationen.

Krise über Krise

Ane (Patricia López Arnaiz) und ihre drei Kinder besuchen ihre Familie im Urlaub im Baskenland. Sie hat mit einer Scheidung und beruflichen Problemen zu kämpfen und versucht, eine Stelle als Kunstlehrerin zu bekommen. Währenddessen steckt ihr Sohn Aitor (Sofía Otero) in einer ganz persönlichen Geschlechterkrise: Sie fühlt sich wie ein Mädchen im falschen Körper. Ane versucht, ihrem Kind klar zu machen, dass es so etwas wie weiblich und männlich nicht gibt, aber sie scheint nicht ganz zu akzeptieren, dass ihr Sohn transsexuell ist. Auch der Rest der Familie und das Dorf haben viele Zweifel an dem kleinen Aitor und versuchen, Ane klar zu machen, dass ihnen Aitors Transsexualität peinlich ist und zu weit geht.

Die einzige Person, die Aitor so akzeptiert, wie sie ist, ist ihre Großtante Lourdes (Ane Gabarian), die Imkerin ist. Auf der Bienenfarm findet Aitor Zuflucht und Ruhe, denn wie ihr Lourdes erklärt, gibt es 20.000 Bienenarten, und sie sind alle gut. Ihr ist es zu verdanken, dass Aitor ihren neuen Namen, Lucía, wählt. Außerdem fängt sie an, weibliche Pronomen für sich selbst zu verwenden und andere davon überzeugt, dies auch zu tun.

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Trailer zu 20.000 Arten von Bienen

Gefangen in der Hitze

Die langsamen Szenen und die enge Bildgestaltung lassen einen nicht atmen, wie die Sommerhitze, die die Figuren einhüllt. Wir sind alle gefangen, genau wie Aitor beziehungsweise Lucía. Ihre sehr komplexen, aber klar formulierten Fragen werden durch langes Schweigen der Menschen um sie herum (un-)beantwortet. Sie weiß, dass sie ihren eigenen Körper nicht mag, kann aber nicht genau sagen, was genau daran. Sie möchte Mädchenkleider tragen, aber nur ihre Mutter und ihre Großtante scheinen sich darüber zu freuen. Es ist eine ständige innere Zerrissenheit, die dank der Kameraführung auch die Zuschauer:innen leicht nachempfinden können.

Die Entscheidung, diese Zerrissenheit, die unter der Oberfläche brodelt, aufzunehmen, ohne es zu sehr zu betonen, ist gewagt, aber sie funktioniert. Alle entscheidenden Ereignisse sind so gefilmt, als würden sie in Echtzeit stattfinden, fast so, als wäre der fiktionale Film ein Dokumentarfilm. Das macht die Geschichte und die Gefühle, die sie hervorruft, zutiefst nahbar.

Sofía Otero als Aitor-Lucía in 20.000 Arten von Bienen. Bild: @ Gariza Films, Inicia Films
Sofía Otero als Aitor-Lucía in 20.000 Arten von Bienen./Bild: @ Gariza Films, Inicia Films

Ein abruptes Ende

20.000 Arten von Bienen ist ein Film mit einer großartigen Prämisse. Doch während einige Punkte lobenswert sind, sind andere leider etwas schwieriger hinzunehmen. Der Zeitraum der Geschichte ist auf eine Woche begrenzt und doch kommt das Ende sehr abrupt. Es ist eines, das dennoch einen vollständigen Zirkelschluss anstrebt, da es die Anfangsszene aufgreift. Doch während die Geschlechtsidentität von Aitor beziehungsweise Lucía gut dokumentiert und auf eine einfühlsame Art und Weise behandelt wird, rücken die Krisen der anderen Figuren etwas in den Hintergrund. Einige Figuren, insbesondere Ane, fehlt es an Motivation für ihre Handlungen. Und für einen Film, der das Generationendrama zu seiner Stärke macht, ist diese Oberflächlichkeit ein großes Defizit, auch wenn die Erzählzeit begrenzt ist.

Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Film völlig vergessenswert ist, ganz im Gegenteil. Zwischen einer brillanten Kameraführung, treffenden Dialogen, fesselnden Darsteller:innen und aktuellen Themen, die mit dem richtigen Feingefühl und der richtigen Würde behandelt werden, ist 20.000 Arten von Bienen definitiv ein Muss.

20.000 Arten von Bienen ist ein Film unter der Regie von Estibaliz Urresola Solaguren, mit Sofía Otero, Patricia López Arnaiz und Ane Gabarian als Protagonist:innen. Er läuft seit dem 29. Juni in den Kinos.